Süddeutsche Zeitung

Comedy Late Night:Umsonst ist nur der Witz

"Mann, Sieber!" tut im ZDF mutiger, als die Show ist, und fühlt sich dabei auch noch besonders meinungsfreudig. Dabei gehen Tobias Mann und Christoph Sieber vor allem auf die los, von denen kein Risiko droht.

Von David Denk

Eines kann man dem ZDF wirklich nicht vorwerfen: dass es - zumindest in der neuen Kabarettshow Mann, Sieber! - vor Politikern kuschen würde: Gut, Hans-Peter Friedrich, hier "der fleischgewordene Beweis, dass der Hirntod nicht das Ende sein muss", ist nicht mehr im Amt und Donald Trump, dieser "Genversuch aus Bill Gates, Roland Koch und zwei Cockerspaniel-Ohren", ist weit weg und hat keinen Einfluss in den Sendergremien, doch auch wenn man mit derlei Beschimpfungen herzlich wenig riskiert, ist man stolz, "sehr meinungsfreudig" zu sein, wie Christoph Sieber, neben Tobias Mann für den Titel verantwortlich, betont.

So funktioniert dieser Humor: laut aussprechen, was eh schon viele denken, sich aber nicht laut zu sagen trauen. Die CSU ist bei Mann, Sieber! "der politische Arm der Pegida-Bewegung" - und Horst Seehofer wie die österreichische Grenze: "nicht ganz dicht". Mann, Sieber! ist nicht weniger populistisch als die bei der Premiere am Dienstag vielgescholtene CSU, nur für eine andere Zielgruppe. Klientelhumor statt -politik. Die Christsozialen haben die FDP als easy target der Gutbürger-Selbstvergewisserung abgelöst. Auch Witze über "KeinHirnSachsen", "Titten"-Fixiertheit bei Bild und Orthografie-Schwächen bei Facebook-Hetzern sind nicht mutiger. Schwer zu sagen, welche Seite abstoßender ist.

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Quelle:
SZ vom 17.09.2015
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