Süddeutsche Zeitung

Comedy:Geheimtipp

Ein Sprüchefeuerwerk: Die achtteilige Serie "Merz gegen Merz" mit Annette Frier und Christoph Maria Herbst bietet beste Fernsehunterhaltung. Allerdings hat das ZDF sie mal wieder sehr gut im Programm versteckt.

Von Hans Hoff

Merz gegen Merz ist eine wunderbare Serie mit acht 23-Minuten-Folgen, die sehr fein den Raum zwischen brüllender Komik und tiefer Tragik auslotet, die geschickt mit den Genres spielt und weit mehr ist als nur die im Programm vermerkte Comedy. Doch ist fraglich, ob die Serie ihr Publikum finden wird, denn das ZDF zeigt bei der Programmierung mal wieder kein geschicktes Händchen: Die ersten beiden Folgen laufen am Donnerstag. Die nächsten beiden kommen dann nicht am Freitag, wie man erwarten könnte, sondern am Samstag. Danach geht es am Sonntag und am Montag weiter, wobei die Planer fein auf vier verschiedene Anfangszeiten geachtet haben, um bei Zuschauern ja keine Gewöhnung aufkommen zu lassen. Unter diesen Umständen ist kaum damit zu rechnen, dass Merz gegen Merz ein Erfolg wird - zumindest linear: In der Mediathek ist sie jederzeit und komplett verfügbar.

Es ist ein Jammer, denn schon lange hat man nicht mehr so formidables Unterhaltungsfernsehen bei einem öffentlich-rechtlichen Sender entdecken dürfen. In Merz gegen Merz stellt Headautor und Creative Producer Ralf Husmann, Schöpfer der Pro-Sieben-Serie Stromberg, Christoph Maria Herbst die begnadet aufspielende Annette Frier zur Seite, wobei zur Seite stellen vielleicht das falsche Wort ist. Frier blickt ihm mit enormer Wucht direkt ins verzerrtes Gesicht. Also nicht in seins, sondern in das seiner Figur Erik Merz. Der ist der Gatte von Friers Figur Anne Merz, und gemeinsam sind sie ein Paar in Auflösung. Sie hocken bei einer Paartherapeutin und erzählen ihre Geschichte in Rückblenden.

Darin geht es um eine Firma, deren Chef Annes Vater ist, der aber an Demenz leidet, weshalb nun Erik die Geschäfte führen soll. Die Frage, wie das geht, dass man sich privat trennen will, geschäftlich aber zusammenwirken muss, steht im Mittelpunkt der Serie. Die bezieht ihren Unterhaltungswert vor allem aus der Erzählung, wie es eben nicht geht.

Fast scheint es, als habe sich Autor Husmann seit dem Stromberg-Ende pausenlos Notizen gemacht und präsentiere nun das Best-of seiner Sentenzen, ein Sprüchefeuerwerk. "An guten Tagen ist sie wie Erdbeereis, an schlechten wie Resteessen", sagt Erik über Anne. Gespielt wird Rosenkrieg, Eskalationsstufe fünf, und Frier und Herbst sind als Streitende brillant. Das wirkt anfangs ein wenig atemlos, beruhigt sich aber etwas, wenn plötzlich ein paar Einschüsse Tragik ins heitere Eheretten geraten. Aus der Demenz des Firmengründers und aus den Problemen des pubertierenden Sohnes saugt Husmann sehr bewegende Momente, die das Stimmungsbarometer von aggressiv auf rührend sinken lassen, um danach gleich wieder auf Krisenkurs zu gehen.

Das ist fein austarierter Spaß an eingelegtem Ernst mit überbackener Verwirrung. Eine tolle Serie, die man so allerdings niemals beim ZDF vermuten würde. Aber wenn es dann mit den Quoten schiefgehen sollte, hat Husmann im Drehbuch schon das Gegenmittel parat. "Iss mal ein Butterbrot mit Baldrian", sagt Erik Merz irgendwann. Kann man als Serienmacher ja mal probieren. Vielleicht hilft es gegen ZDF.

Merz gegen Merz, ZDF, 22.15 Uhr; Samstag, 21.45 Uhr; Sonntag, 22.05 Uhr; Montag, 22 Uhr und komplett in der Mediathek.

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Quelle:
SZ vom 18.04.2019
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