Comedyserie "Das Institut":Zu wenig deutsche Einheit im Regal ist ein Kündigungsgrund

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"Schon auch bewusst verstören": Pointen in dieser Schlagzahl sieht man selten im deutschen Fernsehen. (Foto: Alva Nowak)

Wenn die ARD lustig sein möchte und eine Persiflage auf das Goethe-Institut dreht, lässt das Schlimmes befürchten. Die Serie "Das Institut" ist aber richtig lustig.

Von Christoph Fuchs

In der Gegend rund um den Hindukusch haben deutsche Staatsbürger ja schon einiges verteidigt. Warum also nicht auch ostdeutsche Literatur? Sagt sich die Bibliothekarin des deutschen Sprach- und Kulturinstituts in Kisbekistan. Und wird dann zur Institutsleiterin bestellt, um ihre Einkaufspolitik zu verteidigen: "Drei Gesamtausgaben von Brigitte Reimann, aber kein einziges Buch von Thomas Bernhard." Zu wenig deutsche Einheit im Regal ist hier ein Kündigungsgrund. Dass der kisbekische Institutsmitarbeiter aus der zweiten Stuhlreihe beiläufig darauf hinweist, Bernhard sei doch sowieso Österreicher gewesen, ist da auch schon wieder egal.

Wenn öffentlich-rechtliches Fernsehen lustig sein möchte und dafür dann auch noch ein Land namens Kisbekistan erfindet, in dem die Mitarbeiter einer Goethe-Institut-Persiflage auf Einheimische treffen, dann lässt das Schlimmes befürchten. Aber die Serie Das Institut bricht die Erwartungen in fast jeder Hinsicht. Die Kisbeken wissen nicht nur, woher Thomas Bernhard kommt - sie debattieren auch auf Arabisch über den Monotheismus in Lessings "Nathan der Weise", während die deutschen Institutsmitarbeiter sich überlegen, wie viele Tampons man in dem Stück unterbringen kann, um für die Schleichwerbung eine Finanzspritze zu kassieren.

Die Kisbeken sind also nicht auf deutsche Leitkulturhilfe angewiesen, das wird schnell klar. Und bietet viel Spielraum für die Auseinandersetzung der Deutschen mit sich selbst und ihrem Platz in der Welt. Dafür erweist sich das Kulturinstitut als idealer Ort. Denn einerseits kann man dort Büro-Konstellationen à la Stromberg eine neue Kulisse geben. So kämpft die karrierefixierte Leiterin Dr. Anneliese Eckart (Christina Große) um rührige Geschichten, weil die Zentrale solche verlässlich ins Jahrbuch hebt. Und andererseits ist Kisbekistan ideales Kontrastmittel für deutsche Fragen wie eben die nach der Qualität ostdeutscher Literatur.

Erst gegen Ende geht der achtteiligen Serie die Luft aus, alles wird zu laut und krachend. Besser zur Geltung kommt der beiläufige Humor von Drehbuchautor Robert Löhr, wenn der Kulturbeauftragte Titus (Robert Stadlober), der den Nathan inszenieren will, sagt, er komme sich vor "wie Schlingensief in Afrika" und wolle "schon auch bewusst verstören". Pointen in dieser Schlagzahl sieht man selten im deutschen Fernsehen. Dafür jetzt sogar doppelt, denn sowohl NDR als auch BR strahlen ihre Koproduktion aus.

Das Institut , Doppelfolge am 3.1. ab 22 Uhr bei BR und NDR, alle Folgen in der Mediathek.

© SZ vom 03.01.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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