Co-Chefredakteur Vorkötter geht:Fehrle soll "Berliner Zeitung" führen

Sie gilt als klug, gerade und durchsetzungsstark: Brigitte Fehrle wird alleinige Chefin der "Berliner Zeitung". Ihr bisheriger Förderer und Partner an der Doppelspitze, Uwe Vorkötter, übernimmt nach einem Medienbericht "andere Aufgaben" beim DuMont-Verlag, dem die Berliner Zeitung gehört. Geht er freiwillig? Wohl eher nicht.

Marc Felix Serrao

Mitten in der Diskussion um den Mangel an weiblichen Führungskräften in deutschen Medien schafft die Kölner Verlagsgruppe M. DuMont Schauberg Tatsachen. Wie die Süddeutsche Zeitung aus dem Unternehmen erfuhr, wird Brigitte Fehrle, 57, alleinige Chefredakteurin der Berliner Zeitung. Ihr bisheriger Förderer und Partner an der Spitze, Uwe Vorkötter, 58, soll laut einem Bericht des Mediendienstes Kress "andere Aufgaben" bei DuMont übernehmen. Verlässt der angesehene Journalist freiwillig seine Chefstelle? Wohl eher nicht. Die Rede ist von einem "Beraterposten", den Vorkötter künftig ausüben soll.

Co-Chefredakteur Vorkötter geht: Brigitte Fehrle

Brigitte Fehrle

(Foto: Berliner Zeitung)

Fehrle und Vorkötter, die bisher zusammen mit Rouven Schellenberger auch die ebenfalls zu DuMont gehörende Frankfurter Rundschau leiten, waren für Stellungnahmen nicht erreichbar. Schellenberger solle sich künftig aufs Digitale konzentrieren, war zu erfahren. Wer dann Chef der FR werde, stehe noch nicht fest. In der DuMont-Zentrale hieß es auf Anfrage "kein Kommentar".

Fehrles Aufstieg an die Spitze soll offenbar schon an diesem Freitag verkündet werden. Für die, die politische Journalistin kennen, ist die Personalie keine große Überraschung. Die zierliche Dame gilt in Berlin als leise, aber durchsetzungsstarke Chefin, die Widerstände eher weganalysiert als niederbrüllt.

Als Leiterin der DuMont-Redaktionsgemeinschaft hat sie im Frühjahr 2010 eine der umstrittensten Verlagsstrategien mit durchgesetzt: Abgekoppelt vom gewöhnlichen Produktionsalltag in den Redaktionen schreiben die Journalisten der Gemeinschaft die großen Texte, die dann in den vier Abo-Titeln des Verlags (Berliner Zeitung, FR, Mitteldeutsche Zeitung, Kölner Stadt-Anzeiger) erscheinen. Das Sparkonzept hat viel Kritik geerntet, die Trennung von Schreibern und Produzenten wird intern auch als Zweiklassengesellschaft bezeichnet. Allerdings hat die Qualität der Berichterstattung nicht unter Fehrles Truppe gelitten. Womöglich ist das auch ein Grund für das Ende der Dreifachspitzen in Berlin und Frankfurt: Die Verzahnung und Verkleinerung der Redaktionen hat sich durchgesetzt - Zeit für schlankere Strukturen an der Spitze.

In ihrer Redaktion ist Fehrle beliebt. Sie gilt als klug und gerade. Im Privaten, sagt jemand, der sie kennt, möge Fehrle es auch eher ruhig. Ihr Hobby sei ein "liebevoll renoviertes" Bauernhaus im Wendland. Und sie jogge gern. Sowas.

Mit Unterbrechungen (bei der FR und bei der Zeit) arbeitet die passionierte Kreuzbergerin seit rund zwei Jahrzehnten für die Berliner Zeitung. Geholt hatte sie nach der Wende der damalige Herausgeber Erich Böhme. Fehrle war die erste Westfrau der Redaktion, die bis heute in einem Betonkasten im Ostteil der Stadt residiert, der in seiner Scheußlichkeit nur für Berliner Augen erträglich ist. Nun ist sie Hausherrin. Und Ines Pohl, die in Kreuzberg die taz führt, ist nicht mehr die einzige Chefin einer relevanten deutschen Tageszeitung.

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