Österreichischer Journalistenpreis:Blogger am Werk

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Claus Gatterer stammte aus einer Bergbauernfamilie aus Sexten (Südtirol) und machte Karriere bei der Zeitung "Die Presse" und beim ORF. Er starb 1984. (Foto: imago/Südtirolfoto)

Nach einem Skandal um den bisherigen Preis wird nach dem Journalisten Claus Gatterer nun eine neue Auszeichnung benannt.

Von Cathrin Kahlweit

Vor anderthalb Jahren erfuhr der Blogger Markus Wilhelm, der sexuelle Belästigung von zahlreichen Frauen durch Gustav Kuhn, den früheren Leiter der Tiroler Festspiele Erl, aufgedeckt hatte, dass er dafür einen Journalistenpreis bekommen soll: den "Professor Claus Gatterer Preis", benannt nach einem 1924 im Südtiroler Sexten geborenen, in Norditalien und Österreich gleichermaßen bekannten und bewunderten Journalisten. Doch Wilhelm mochte den vom Österreichischen Journalisten Club (ÖJC) vergebenen Preis partout nicht annehmen. Zum einen sei er kein Journalist, zum anderen missfielen ihm zwei neue Sponsoren - das Land Burgenland, wo die SPÖ damals mit der FPÖ koalierte, und die Esterházy-Stiftung, der er "feudalistisches Denken" vorwarf.

Dann folgte der eigentliche Skandal: Nach der Ablehnung recherchierte Wilhelm weiter und fand, dass der ÖJC offenbar mit dem Preis regelrecht Geld mache und diversen wichtigen Sponsoren, darunter dem Land Südtirol und Gatterers Heimatgemeinde, überhöhte Abrechnungen vorgelegt habe. So sei der Preis mit 5000 Euro (später 10 000) dotiert gewesen, im Jahr 2013 etwa seien knapp 45 000 abgerechnet worden, darunter allein 25 000 für die Verwaltung. Wilhelm nannte das Ganze ein "Geschäftsmodell".

Beteiligt sind nun Gatterers Heimatgemeinde Sexten und das Land Südtirol

Der ÖJC dementierte, die "Finanzgebarung sei von Rechnungsprüfern für in Ordnung befunden worden". Aber die neuen Sponsoren stiegen aus, und knapp dreißig namhafte frühere Preisträger protestierten; sie erklärten den Preis für kompromittiert und forderten, den "völlig illegitimen 'markenrechtlichen Schutz' dieses Preises aufzuheben". Denn dem Club gehört bis heute der Claim "Professor Claus Gatterer Preis". Man wolle, hieß es im Herbst 2019, dafür sorgen, dass der Preis "von einer über jeden Verdacht erhabenen Institution ausgerichtet und durch eine unabhängige Jury gemeinsam mit dem Land Südtirol und Sexten, der Heimatgemeinde Claus Gatterers, weiter verliehen wird".

ORF-Moderator Armin Wolf ist Mitglied der neuen Jury. (Foto: Matthias Balk/picture alliance/dpa)

Am Mittwoch war es nun so weit, die "Auszeichnung für hervorragenden Journalismus im Gedenken an Claus Gatterer" wurde in Wien präsentiert; sie wird künftig vom Presseclub Concordia gemeinsam mit der Michael-Gaismair-Gesellschaft Bozen vergeben. Finanziert wird der mit 10 000 Euro dotierte Preis vom Land Südtirol. Es gibt eine neue Jury, die mit einigen der besten Journalisten und Journalistinnen des Landes besetzt ist, darunter ORF-Moderator Armin Wolf, der anmerkt, "der große Claus Gatterer" verdiene nun mal "einen würdigen Preis". Und der Jury-Vorsitzende und ehemalige Club-2-Moderator beim ORF, Peter Huemer, freut sich sehr, dass es mit dem Preis, wenn auch unter anderem Namen, nun weitergeht. "Gatterer war einer der bedeutendsten Journalisten der Zweiten Republik, der vor allem jungen Menschen gezeigt hat, dass man sich nicht auf die Konflikte zwischen Österreich und Südtirol, sondern auf das Gemeinsame konzentrieren soll."

Der Blogger Markus Wilhelm, der die ganze Affäre um den Claus-Gatterer-Preis losgetreten hatte, zeigt sich erfreut. Es gebe, schreibt er, Positives zu berichten, nicht, wie meist sonst nur, Schlimmes oder gerade noch verhindertes Schlimmes. Der ÖJC hat derweil die Verleihung seines Claus-Gatterer-Preises für das Jahr 2020 "aufgrund der Covid-Pandemie ausgesetzt".

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