Süddeutsche Zeitung

Bundesliga-Rechte:Was der Fußball kostet

4,6 Milliarden Euro bekommt die Deutsche Fußball Liga für die Übertragung der Bundesliga bis 2021. Und die DFL hat weitere Märkte im Visier. Was bedeutet das Rechtegeschacher für den Fußballfan?

Analyse von Johannes Aumüller

Christian Seifert ist in den beiden vergangenen Wochen spürbar seltener in seinem angestammten Büro gewesen. Der Geschäftsführer der Deutschen Fußball-Liga (DFL) war allerdings weder im Urlaub noch auf großer Promotionsreise auf einem der vielen internationalen Märkte, auf denen der deutsche Profifußball derzeit an seiner Bekanntheit arbeitet. Stattdessen hatte er sich mit einigen seiner Mitstreiter in einem Hotel nahe der Frankfurter DFL-Zentrale einquartiert, achter Stock, Zugang zur Dachterrasse. Von dort aus steuerte er das Finale jener Ausschreibung, von der sich die Profifußball-Klubs so viel frisches Geld erhofften - und in mehr oder weniger offiziellen Briefchen war schon die Erwartung formuliert worden, dass am Ende der Auktion ein Ergebnis in nie da gewesener Höhe, von mehr als einer Milliarde Euro jährlich, stehen sollte.

Entsprechend gut gelaunt präsentierte sich Seifert also, als er am Donnerstagmittag in Frankfurt erst vor die Mitgliederversammlung der 36 Profi-Klubs und dann vor die Presse trat, um das Ergebnis der Ausschreibung zu verkünden: Etwas mehr als 4,6 Milliarden Euro bringt die Vergabe der nationalen Medienrechte für den neuen Zyklus von 2017 bis 2021, also zirka 1,16 Milliarden Euro pro Jahr. Das bedeutet gegenüber dem durchschnittlichen Wert des aktuellen Vier-Jahres-Zeitraumes eine Steigerung von 85 Prozent.

Wie hoch die Summe in den einzelnen Jahren ist, wollte die DFL nicht mitteilen. Anzunehmen ist aber, dass sie sich in etwa zwischen 1,05 Milliarden im ersten und 1,25 Milliarden Euro im vierten Jahr bewegt.

Sportschau und Aktuelles Sportstudio bleiben erhalten

Für die Sehgewohnheiten der Fußball-Fans bringen die Ergebnisse keine Revolution, lediglich kleinere Veränderungen. Bei den Zusammenfassungen fürs TV verschiebt sich nichts: Die ARD kann weiter in der bewährten Form ihre Sportschau am frühen Samstagabend senden, das ZDF am späteren Samstagabend sein Aktuelles Sportstudio, und Sport 1 am Sonntagmorgen die Plauderrunde Doppelpass. Auch RTL hatte mitgeboten, ging aber leer aus. Bei den Live-Spielen ist weiterhin Sky der entscheidende Akteur - allerdings kann der Pay-TV-Kanal von 2017 an nicht mehr alle 306 Bundesliga-Partien zeigen. Eurosport sicherte sich die Rechte für die meisten Freitagsspiele sowie die neuen Entlastungsspiele am Sonntagnachmittag und Montagabend (jeweils fünf pro Saison), die den deutschen Teilnehmern des am Donnerstag ausgespielten Europapokals mehr Zeit zum Durchschnaufen geben sollen. Der Sender, der über seine Konzernmutter Discovery bereits die Rechte an den Olympischen Spielen von 2018 bis 2024 erwarb, muss diese Partien im Pay-TV zeigen, also etwa auf seinem Kanal Eurosport 2, der sich auf verschiedenen Wegen kostenpflichtig empfangen lässt.

Einen separaten Decoder braucht es nicht. Damit ist Sky erstmals seit langer Zeit nicht mehr Exklusiv-Inhaber aller Bundesliga-Rechte. Dies war allerdings schon vor der Auktion klar gewesen. Aufgrund einer Vorgabe des Bundeskartellamtes musste sich das Unternehmen wie jeder andere Interessent entscheiden, ob es auf eines der vielen verschiedenen Live-Pakete verzichtet - oder ob es sich alle Live-Pakete fürs Fernsehen sichert und die Rechte für die Internet- und Smartphone-Übertragung an einem Drittel aller Saisonspiele abgibt. Offenkundig war es den Unterföhringern wichtiger, auf dem wachsenden mobilen Markt verstärkt Präsenz zu zeigen. Allerdings will Sky künftig gegen das Verdikt des Kartellamtes ankämpfen: Schon am Tag vor der Bekanntgabe des Vergabeergebnisses hatte das Unternehmen angekündigt, beim Oberlandesgericht in Düsseldorf gegen das verhängte Alleinerwerbsverbot Beschwerde einzulegen.

Neben dem Wechsel in der Live-Berichterstattung am Freitagabend gibt es einige weitere Veränderungen: Die Auftaktspiele zur Hin- und Rückrunde, die seit einigen Jahren frei empfangbar sind, laufen von 2017 an nicht mehr in der ARD, sondern im ZDF. Das montägliche Live-Spiel der zweiten Liga kommt dann nicht mehr bei Sport 1, sondern bei Sky. Und die Highlight-Zusammenfassung im Internet wechselt von Springer zu Perform, einer Mediengruppe aus London, die etwa die Onlineplattform Spox betreibt. Amazon wiederum, dessen Einstieg in den Bieterkampf viele erwartet hatten, kam vorerst nur bei den Internet-Rechten fürs Radio zum Zug.

Noch unklarer ist, was das neue Ergebnis finanziell für die Konsumenten bedeutet. Zwar habe es diesmal anders als zuletzt auch im Free-Bereich einen "signifikanten Zuwachs" gegeben, sagte DFL-Geschäftsführer Seifert; aber der Großteil der Millionen-Steigerung stammt wie schon bei der letzten Auktion von den Pay-Anbietern. In den vergangenen vier Jahren zahlte Sky im Mittel 486 Millionen Euro pro Saison, nun erfolgte beinahe eine Verdoppelung auf durchschnittlich 876 Millionen Euro. Da liegt der Gedanke nicht fern, dass es bei dem Sender mit seinen derzeit zirka 4,5 Millionen Abonnenten mittelfristig auch zu höheren Preisen für den Kunden kommen wird - auch wenn ein Sprecher erklärt, aktuell seien keine weiteren Erhöhungen geplant.

Der große Deal geht weiter: Als Nächstes verhandelt die Liga in China und den USA

Im internationalen Vergleich liegt die Bundesliga mit diesem Abschluss nun in etwa gleichauf mit Spanien, wo die konkreten Zahlen aber etwas undurchsichtig sind. Noch ein gutes Stück befindet sie sich in jedem Fall hinter England und der dortigen Premier League: Diese verfügt nach einem gigantischen Deal mit British Telecommunications und Sky im Vorjahr und inklusive der Auslandsvermarktung über zirka 2,3 Milliarden Euro jährlich.

Die Vergabe der nationalen Medienrechte ist damit nahezu abgeschlossen, für Seifert geht es mit dem Lizenzen-Thema aber schon bald weiter. In den beiden nächsten Jahren will er weitere Auslandsrechte veräußern, vor allem auf den großen Märkten China und USA. Und insgesamt, so die Hoffnung, soll der Gesamterlös aus nationalen und internationalen Rechten für die Bundesliga dann auf 1,5 Milliarden Euro pro Jahr anwachsen.

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Quelle:
SZ vom 10.06.2016
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