Bundesliga-Rechte im TV:Gut für die Kasse

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Jubel bei der Deutschen Fußball-Liga: Murdochs Bezahlsender Sky sticht mit viel Geld die Deutsche Telekom aus, die im Bieterwettbewerb um die TV-Rechte höchstens noch als Preistreiber rangiert - und sogar gegen Axel Springer verliert.

Christopher Keil

Nicht nur der Fußball, aber vor allem der Fußball bezieht seinen Reiz aus dem Wettkampf. Arm gegen Reich, Klein gegen Groß, Vergangenheit gegen Moderne, Tradition gegen Geld oder, aktuell: Bayern München gegen Borussia Dortmund. Die Bundesliga kann sich glücklich schätzen, dass zwischen BVB und FCB so etwas wie ein Duell entstanden ist. Duelle wie etwa zwischen dem FC Barcelona und Real Madrid in Spanien oder wie ein paar Jahre zuvor zwischen Manchester United und dem FC Chelsea in England. Konkurrenz belebt das Geschäft, auch und besonders das Geschäft mit den so genannten audiovisuellen Verwertungsrechten, besser bekannt als Fernsehrechte.

Sky kann künftig alle 306 Bundesliga-Partien über Satellit, Kabel und auch im Internet ausstrahlen. Ob der Sender allerdings mit der Telekom kooperieren wird, ist fraglich. (Foto: dpa)

Auch um die Fernsehrechte, um die Live-Spiele der Bundesliga im Pay-TV, war große Rivalität ausgebrochen. Die Deutsche Telekom (Jahresumsatz: 58,7 Milliarden Euro) trat in den zurückliegenden Wochen gegen Sky Deutschland (Jahresumsatz: 1,14 Milliarden Euro) an. Beide zeigen die Bundesliga seit 2009 mit eigenen Produkten komplett live, auch im bewegten Internet, also auf Smartphones (Telekom), dem iPpad und auf PCs (Sky go). Hinter Sky steht das Imperium Rupert Murdochs, die News Corp. Bei der Telekom ist der Bund der größte Gesellschafter.

An diesem Dienstag hat die Deutsche Fußball-Liga (DFL) die Fernsehrechte für die Spielzeiten 2013/14 bis 2016/17 vergeben. Es siegte: Sky, und zwar für die Rekordsumme von 486 Millionen Euro pro Jahr. Es verlor: die Telekom, die zwar auch kräftig mitbot, aber halt doch nicht ganz so viel. "Es ist ein guter Tag für die Bundesliga und den deutschen Fußball", verkündete DFL-Präsident Reinhard Rauball ergriffen, und meinte in erster Linie vielleicht doch seine eigene Vereinigung der Profiklubs, die ihre Jahres-Einnahmen nun von 412 Millionen auf sagenhafte 628 Millionen Euro steigert.

In einem Frankfurter Flughafen-Hotel wurde mit zwei - allerdings spektakulären Ausnahmen - der Status Quo bestätigt. Die Sportschau wird wie bisher vor 20 Uhr von den Samstagsspielen berichten, was Sportintendant Ulrich Wilhelm vom Bayerischen Rundfunk zur Aussage drängt, die Sportschau bleibe die "wichtigste Sportsendung im deutschen Fernsehen". Das ZDF kann weiter am späten Samstagabend die Highlights des Spiels der Woche (Samstag, 18.30 Uhr) nach 21.45 Uhr exklusiv im Free TV verwerten. Sonntags laufen die Zusammenfassungen nun bereits nach 21.15 Uhr im Ersten, Sport 1 darf wie gewohnt das Freitagspiel und die Samstagsspiele als Drittverwerter vor der Talkshow Doppelpass am Sonntagvormittag zur Geltung bringen, außerdem montags das eingeführte Top-Spiel der zweiten Bundesliga. Und Sky wird künftig alle 306 Partien live ausstrahlen, über Satellit, Kabel und, das ist überraschend, im Internet.

Absteiger namens Telekom

Der große Absteiger ist die Telekom. Sie fliegt in 14 Monaten raus aus dem Milliardenspiel - es sei denn, Sky bietet eine Kooperation an, was für den Satelliten-Bereich nicht vorstellbar ist, wie ein Sky-Manager erzählt. Im Milliardenkonzern ist der Frust groß. Er sei "echt enttäuscht", sagt Marketing-Chef Christian Illek, es gebe auch "keinen Plan B". Offenbar hatte man allzu großes Vertrauen auf das eigene Modell, sämtliche Rechte zu erwerben, um sie dann - nicht exklusiv -jedem zu verkaufen, der sie sich leisten kann und will. Das sei wohl "sehr ambitioniert" gewesen, räumt Illek ein. Man habe weit mehr als die aktuellen Preise für die Liga geboten, aber deutlich unter dem Sky-Angebot gelegen. Die Telekom sei angetreten, um zu gewinnen, aber "nicht um jeden Preis".

Zunächst einmal bleibt dem gewaltigen Mobilfunkanbieter die Erkenntnis, anständig mitgesteigert und als Preistreiber gewirkt zu haben. Christian Seifert, Vorsitzender der DFL-Geschäftsführung, und Funktionär Rauball erklären freundlich: "Es verbietet sich ein Gewinner- und Verliererdenken. Es hat von der Qualität der Angebote her keine Verlierer gegeben."

Die Qualität, von der ursprünglich die Rede war, die sich angeblich auch in der jeweils einstimmigen Zustimmung zu den Rechtepaketen durch Liga-Vorstand und Gesellschafterversammlung ausdrückt, sind die schier unglaublichen 628 Millionen Euro. So viel werden die Medienpartner von 2013 an im Jahresdurchschnitt bis 2016/17 an die 36 deutschen Profivereine ausschütten - 560 Millionen Euro im ersten, 673 Millionen im vierten Vertragsjahr. Damit hat die Bundesliga den Abstand zu den noch besser vermarkteten Ligen Englands oder Spaniens deutlich verringert. Dass sie ihren Gewinn um 50 Prozent steigern würden, hatten nicht einmal Seifert und Rauball geglaubt.

Hat Sky die Telekom mit einer Knock-out-Offerte in die Knie gezwungen? Die Ausschreibung sah vor, dass derjenige alles bekommt, worauf er bietet, wenn sein Angebot 20 Prozent über dem des zweithöchsten Angebotes liegt. So viel sei es nicht gewesen, lässt der Verlierer Telekom wissen. DFL-Manager Seifert teilt mit, Sky habe deutlich mehr geboten und sei in der Vergangenheit ein "absolut verlässlicher Partner" gewesen. Das ist in beiden Fällen wohl genau so gewesen, anders lässt sich der Fantasiegewinn kaum erklären. Sky-Vorstandschef Brian Sullivan preist die "Sicherheit" und die "Konsistenz", die dieser Rechte-Kauf mit sich bringe. Deutschland sei der letzte große Pay-TV-Markt, den es mit neuen Inhalten zu erschließen gelte.

Die Betonung "zuverlässig" im Zusammenhang mit Sky schien DFL-Chef Seifert wichtig. Zum einen macht Sky immer noch Verluste (zuletzt 277 Millionen Euro im Jahr 2011), trotz mittlerweile drei Millionen Abonnenten. Zum anderen wurde an diesem Dienstag auch nach der Solvenz der künftigen Medienpartner gefragt. Zu ihnen zählt jetzt auch der Axel Springer Verlag, der sich das "Paket M" sicherte. Das Berliner Medienhaus kann künftig Web- und Mobil-Clips (Tore, Höhepunkte) eine Stunde nach Spielende verkaufen und von Mitternacht an frei empfänglich in seine Online-Angebote - hauptsächlich bild.de - einstellen. Das wird die digitalen Plattformen der Verlagsgruppe stärken.

Ironischerweise hatte bild.de am späten Montagabend mit seiner falschen Behauptung, der Telekom werde am Ende wenigstens das Internetfernsehen bleiben, für Bewegung am Aktienmarkt gesorgt. Die Rolle von Springer als Partner der Deutschen Fußball-Liga einerseits und als Verleger der auf exklusive Bundesliga-News ausgerichteten Bild andererseits könnte für alle Beteiligten heikle Momente schaffen.

Kooperationsmodell mit der Telekom?

Fazit: Zunächst einmal hat der Springer Konzern mit seiner Investition (geschätzt zwischen neun und 13 Millionen Euro jährlich) zur Bereicherung der Fußball-Bundesliga beigetragen; Paket M ist neu. Auch die ARD legte zu, bekommt zu zwei Live-Spielen (Saisoneröffnung, erstes Rückrundenspiel mit Beteiligung des Meisters) fünf Partien des Liga-Pokals in der Saison-Vorbereitung. Die ARD wird insgesamt kaum weniger zahlen als bisher (rund 100 Millionen), das ZDF auch nicht (fast 20 Millionen Euro). Sky wird alle 612 Spiele der ersten und zweiten Liga erstmals auf allen Verbreitungswegen verkaufen können und vor allem Sky Go aufwerten können, weil die Verwertungskette nun geschlossen wird (PC, Ipad, Iphone).

Ob sich Sky mit der Telekom auf ein Kooperationsmodell einigen wird, ist fraglich, aber nicht unwahrscheinlich. Sky hat entsprechende Verträge mit den Mobilfunkanbietern Vodafone (verkauft sogar Sky-Abos) und O2 sowie Kabel Baden-Württemberg oder Tele Columbus. Telekom-Manager Illek sagt, nur zehn Prozent der Kunden der eigenen Internet-Plattform Entertain seien wegen des Fußballs dabei - und nun werde Sky vermutlich so offen und kaufmännisch sein, der Telekom Unter-Rechte abzutreten. Das eigene Telekom-Produkt Liga Total aber hat über den Sommer 2013 hinaus keine Zukunft. Vorbei mit Moderator Johannes B. Kerner, der 260 000 Kunden samstags das Geschehen auf dem Rasen erklärt. Liga Total werde es "in dieser Ausprägung nicht mehr geben", bekennt Manager Illek.

Dass sich die DFL für Sky entschied, mag - unabhängig vom Angebotsniveau - damit zusammenhängen, dass die Telekom medienrechtlich auf schwierigem Gelände agiert. Sie hat als Unternehmen mit staatlichem Gesellschafter beim Rundfunk sehr auf Staatsferne zu achten. Die Lizenz für Liga Total stellt deshalb Sport 1 zur Verfügung, der zu Constantin Medien zählende Sportsender. Die Telekom, so ließ der Konzern jedenfalls vorher verbreiten, war an einem Kauf sämtlicher Rechte interessiert, die dann größtenteils weiter gereicht werden sollten. Das aber hätte umgehende Klagen zur Folge gehabt.

DFL-Manager Seifert betont, dass das Bundeskartellamt seit 20 Monaten in jede Phase der Ausschreibung Einblick gehabt habe, dass die Auktion diskriminierungsfrei und transparent gewesen sei. Doch klar ist auch: Murdochs Experten wird zugetraut, Pay-TV in Deutschland profitabel zu machen - eher jedenfalls als der Deutschen Telekom. Und dafür setzt Murdoch ungebremst viel Geld ein. Ein rentables System von Bezahlsendern würde den Wettkampf um die Bundesliga-TV-Rechte weiter steigern.

"Deutschland hat einen außerordentlich schwierigen Medienmarkt", sagte DFL-Präsident Rauball, "um so erstaunlicher, dass so ein Abschluss erzielt wurde." Nun gelte es, die Einnahmen in einer gesunden Mischung aus "Leistungsgedanke und Solidarität mit den Schwachen innerhalb der Familie der Profiklubs" zu verteilen. Nach dem Spiel ist vor dem Spiel.

© SZ vom 18.04.2012 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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