Selten wohl hat die Ernennung eines Chefredakteurs so viel ehrliche Begeisterung in der Modewelt ausgelöst wie die von Edward Enninful. Nachdem bekannt wurde, dass der 45-Jährige die Spitze der britischen Vogue übernehmen wird, meldeten sich zahlreiche Größen der Branche zu Wort und taten ihre Freude kund. Der Designer Marc Jacobs schrieb auf Twitter: "Glückwunsch. Wir können nicht erwarten zu sehen, was du tun wirst." Anna Wintour, Chefin der US- Vogue, sagte: "Es ist eine brillante Wahl. Edward wird ohne Zweifel Bewegung in den Laden bringen, und es wird aufregend sein, das mitzuerleben."
Vogue-Herausgeber Condé Nast betonte, dass Enninful allein seiner Qualifikationen wegen ausgewählt wurde. Dennoch ist seine Wahl zweifelsohne auch ein Zeichen. Zum einen ist er der erste Mann, der dem Blatt seit dessen Gründung im Jahr 1916 vorsteht, zum anderen ist er der erste Schwarze an der Spitze eines großen internationalen Modemagazins. Seit Jahrzehnten setzt sich Enninful für mehr Diversität in der Branche ein.
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Dass sich die britische Vogue unter seiner Leitung wandeln wird, ist sicher. Das Magazin ist öfter dafür kritisiert worden, dass es fast ausschließlich weiße Models auf dem Cover zeigt. Enninful war, während er als freier Redakteur bei der italienischen Vogue arbeitete, im Jahr 2008 für eine Ausgabe verantwortlich, in der sämtliche Models schwarz waren. Die Nummer war so erfolgreich, dass der Verlag 40 000 Exemplare nachdrucken musste.
Enninful wurde in Ghana geboren und wuchs in London mit fünf Geschwistern auf. Im Alter von 16 Jahren wurde er in der U-Bahn als Model entdeckt. Das war sein Einstieg in eine Welt, die ihn nicht mehr losließ. Bald assistierte er den Fotografen, rasch gestaltete er eigene Shootings, und im Alter von lediglich 18 Jahren wurde er Fashion Director beim Magazin i-D. Diesen Posten hatte er mehr als 20 Jahre lang inne. Nebenbei arbeitete er freiberuflich unter anderem für die amerikanische und die italienische Vogue. 2011 ging er zum Magazin W, ebenfalls als Fashion Director.
Enninful ist legendär gut vernetzt, seine Freunde sind Kate Moss, Rihanna und Pharrell Williams
22 Ausgaben der Vogue gibt es weltweit, lediglich drei werden derzeit von Männern geleitet: die thailändische, die koreanische und die italienische. Der Chefredakteur der italienischen Vogue ist eben erst ernannt worden, sodass die beiden neben der amerikanischen wichtigsten Ausgaben künftig von Männern geführt werden. Die vormalige Chefin der italienischen Ausgabe, Franca Sozzani, war im vergangenen Dezember gestorben. In London hatte Alexandra Shulman im Januar angekündigt, dass sie das Blatt nach 25 Jahren an der Spitze im Sommer verlassen will. Ihr Nachfolger tritt seinen Posten im August an.
Enninful gilt als offen, freundlich und bodenständig - Eigenschaften, die man an exponierter Stelle in der Modebranche nicht oft findet. Vielleicht liegt es daran, dass er so beliebt und so legendär gut vernetzt ist. Zu seinen Freunden zählen Kate Moss, Rihanna und Pharrell Williams, und als er 2016 von der Queen mit einem Orden für seine Verdienste um mehr Vielfalt in der Welt der Mode geehrt wurde, begleitete ihn Naomi Campbell zur Zeremonie. Bei der anschließenden Party, die Moss und Campbell organisiert hatten, ließ es sich Madonna nicht nehmen vorbeizuschauen, um ihrem Kumpel Edward persönlich zu gratulieren.