Britische Thronfolge:Ein Glück, ein Junge!

In einem bizarren Interview bezeichnet eine CNN-Korrespondentin Herzogin Catherine als "brillant" - weil sie es geschafft hat, gleich beim ersten Versuch einen Jungen zu gebären. Die Zuschauer sind entrüstet, die Journalistin fühlt sich missverstanden.

Von Kathleen Hildebrand

Als der Welt verkündigt ward, dass dem britischen Volke ein Thronfolger geboren sei, da machte sich ein Gefühl von Zeitreise breit. Vor dem St Mary's Hospital in London trat ein prächtig verkleideter Stadtschreier vor Presse und Publikum. Die riesigen Federn, die in den Farben des Union Jack seinen Hut zierten, flatterten im Wind, während er umständlich verkündete: Es ist ein Prinz.

Ganz unverkleidet sprach die CNN-Korrespondentin Victoria Arbiter, Expertin des Senders in Belangen des Königshauses, in die Kameras. Aber: Zeitreise auch hier. Sie nämlich kommentierte die Geburt so:

"Ich kann nicht fassen, dass wir endlich, nach all dem Warten, wissen, dass wir einen Jungen haben." So weit, so gut, irgendetwas muss man ja sagen und Begeisterung über das Geschlecht eines Neugeborenen ist immer wichtig, egal ob Junge oder Mädchen.

Panik, wenn kein Junge kam

Doch es ging weiter: "Ich muss sagen, mein erster Gedanke war, wie genial Kate als Royal ist. In der Familiengeschichte des britischen Königshauses gab es immer wieder Frauen, die darüber in Panik gerieten, dass sie keinen Jungen gebären konnten. Und jetzt hat Kate es gleich beim ersten Mal geschafft."

Wer bei all der Tradition kurz mit der aktuellen Epoche durcheinandergekommen war, dachte an dieser Stelle vielleicht: Ja, ein Glück - Kate muss nicht fürchten, dass man sie in den Tower wirft und ihr bald darauf den hübschen Kopf abschlägt, weil sie es nicht schafft, einen Jungen zu produzieren.

Aber halt: Es ist nicht 1556 und William ist nicht Heinrich der Achte. Das britische Parlament hat im April 2013 ein Gesetz verabschiedet, nach dem auch ein erstgeborenes Mädchen Königin werden darf - selbst wenn sie später noch einen kleinen Bruder bekommt.

Zwar haben noch nicht alle Staaten des Commonwealth dieses Gesetz übernommen, aber die britische Regierung macht Druck. CNN-Expertin Victoria Arbiter hingegen schien sich zu freuen, dass "die Diskussion um eine Änderung des Gesetzes zur Thronfolge für die kommenden 30 Jahre vorbei" sei.

Natürlich wiesen die Twitterer, die in der Schule gut aufgepasst haben, noch darauf hin, dass der Vater für das Geschlecht des Kindes "verantwortlich" ist: Von ihm erhält der Nachwuchs entweder ein X- oder ein Y-Chromosom, während die Mutter immer ein X-Chromosom weitergibt. Der Applaus gebührt also William, nicht Kate.

Angesichts der Empörung, die ihr auf Twitter entgegenschlug, sagte die schockierte Arbiter, sie habe das natürlich ironisch gemeint - wer ihre journalistische Arbeit verfolge, müsse das wissen.

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