BR-Rundfunkrat:"Er dürfte nicht mal mehr die nächste Rundfunkratssitzung leiten"

BR-Rundfunkrat: Lorenz Wolf: "Solange der Vorsitz im Rundfunkrat ruht und die Vorwürfe und Verdachtsäußerungen nicht lückenlos geklärt sind, kommt eine Annahme eines neuen Amtes nicht infrage."

Lorenz Wolf: "Solange der Vorsitz im Rundfunkrat ruht und die Vorwürfe und Verdachtsäußerungen nicht lückenlos geklärt sind, kommt eine Annahme eines neuen Amtes nicht infrage."

(Foto: Peter Kneffel/dpa)

Der Geistliche Lorenz Wolf ist durch das Missbrauchsgutachten in die Kritik geraten. Zugleich hat er ein wichtiges Amt im Bayerischen Rundfunk. Nun fordern auch die Grünen seinen Rücktritt.

Von Bernd Kastner, Nicolas Richter und Annette Zoch

Wegen seines umstrittenen Vorgehens beim Aufarbeiten von Fällen sexuellen Missbrauchs in der Erzdiözese München und Freising ist der katholische Geistliche Lorenz Wolf in die Kritik geraten. Dies berührt nun auch ein Amt, das er zusätzlich zu seinen kirchlichen Aufgaben wahrnimmt - dem des Vorsitzenden des Rundfunkrats des Bayerischen Rundfunks. Aus Sicht der grünen Landtags-Abgeordneten Sanne Kurz, die selbst dem Gremium angehört, wird Wolf durch die jüngsten Erkenntnisse über den Umgang mit Fällen sexuellen Missbrauchs so schwer belastet, dass er als Chef des Rundfunkrats nicht mehr tragbar sei. "Ich bin der Meinung, er dürfte nicht mal mehr die nächste Rundfunkratssitzung leiten", sagte Kurz auf Anfrage der SZ. "Ich finde, er hat das Heft des Handelns nicht mehr in der Hand. Es wäre schön, wenn ihm das auch bewusst würde und wenn er sich vor der nächsten Sitzung erklären würde und er sagen würde, es möge doch bitte der stellvertretende Vorsitzende die Sitzungsleitung übernehmen."

Auch die FDP-Fraktion im Landtag verlangt den Rücktritt Wolfs. "In seinen vielen wichtigen Ämtern hat er wesentlich dazu beigetragen, dass schwere Missbrauchsdelikte vertuscht und verharmlost wurden", erklärte am Dienstag der medienpolitische Sprecher der Fraktion, Helmut Markwort.

Die Landtagsabgeordnete Inge Aures (SPD), die ebenfalls im Rundfunkrat sitzt, erklärte zwar, die Vorwürfe aus dem Gutachten seien schwerwiegend. Einen Rücktritt verlangte sie aber nicht: "Ich gehe davon aus, dass Herr Dr. Wolf selbst so viel Charakter hat, seine Position entsprechend einzuschätzen." Aures wies darauf hin, dass es an der Arbeit Wolfs als Vorsitzender der Rundfunkrates "bisher nichts zu kritisieren" gebe. Ein direkter Interessenkonflikt zwischen Kirche und Rundfunkrat sei aus ihrer Sicht nicht zu erkennen.

Vom Rundfunkrat in den Verwaltungsrat?

Aures wies darauf hin, dass die Amtszeit von Wolf automatisch ende, im Mai werde sich ein neuer Rundfunkrat des BR konstituieren. Wie es in Kreisen des Rundfunkrats heißt, soll Wolf gebeten worden sein, demnächst in ein anderes Gremium zu wechseln, nämlich in den BR-Verwaltungsrat. Seine Wahl stünde am 3. Februar an, bei der nächsten Sitzung des Rundfunkrats.

Aus Sicht der Grünen ist Wolf auch für den Verwaltungsrat nicht tragbar. "Die Bewertungen in diesem Gutachten sind so eindeutig und so klar - die Gutachter sagen, er habe Vorgänge umdatiert, Priester geschützt - ich finde, jemand der so eine mangelnde Integrität an den Tag legt, der gehört auf keinen Fall in so ein wichtiges Gremium wie den Verwaltungs- oder Rundfunkrat des Bayerischen Rundfunks", erklärt Sanne Kurz.

Ein in der vergangenen Woche veröffentlichtes Gutachten der Münchner Kanzlei Westpfahl Spilker Wastl wirft dem Kirchenjuristen Wolf vor, er habe als Offizial, also Chef des Kirchengerichts in der Münchner Erzdiözese, falsch gehandelt. Seiner "klerikerfreundlichen Haltung" stehe seine ausgeprägt skeptische Grundhaltung zu Geschädigten gegenüber. Wolf hat die Vorwürfe zurückgewiesen.

Ilse Aigner (CSU), Landtagspräsidentin und Vorsitzende des BR-Verwaltungsrats, wollte sich auf SZ-Anfrage noch nicht festlegen, ob Wolf aus ihrer Sicht für den Verwaltungsrat tragbar sei. "Das Gutachten ist sehr umfangreich, daher bitte ich um Verständnis, dass ich mich damit noch genauer befassen möchte, bevor ich Schlüsse daraus ziehe", erklärte sie. Sie könne nur die aktuelle Zusammenarbeit mit Wolf bewerten: "Da habe ich ihn als sehr empathischen und reflektierten Menschen kennengelernt, den ich auch als Ratgeber schätze."

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