BR-Serie "Moni's Grill":Hella von Sinnen hat wieder Sex

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Frauenplausch: In der ersten Folge von Moni's Grill trinkt Hella von Sinnen mit Moni Schweiger (Monika Gruber, rechts) Kölsch aus der Flasche. (Foto: BR/Günther Reisp)

Dies ist eine der vielen schlüpfrig-verlaberten Erkenntnisse aus "Moni's Grill", der neuen Serie von Franz Xaver Bogner. Doch hat diese krampfigen Schmonzetten wirklich der bayerische Ruhmes-Regisseur fabriziert?

TV-Kritik von Wolfgang Görl

Moni's Grill, so die Ankündigung des Bayerischen Rundfunks, ist mit "viel bayerischem Humor" gespickt, was ja die Hoffnung nährt, dass es was zu lachen gibt, und vielleicht - das wünscht man sich im Nachhinein - hat sich der Sender im Vorspann gleich mal einen Scherz erlaubt. "Buch und Regie Franz Xaver Bogner" ist dort zu lesen, was in der Regel eine Verheißung ist, denn der Mann inszeniert seit Jahrzehnten tolle Serien fürs Fernsehen.

Irgendwie und Sowieso beispielsweise, diese wunderbar erzählten Geschichten vom Culture-Clash in einem oberbayerischen Dorf, wo die jungen Leute im Sommer 1968 entdecken, dass sie eigentlich Hippies sind und zur großen Verwirrung der Alten die bäuerlichen Liegenschaften samt Kuhstall in eine Blumenkinderspielwiese verwandeln, beschallt von Jimi Hendrix und den Byrds. Auch die präzis hinterfotzige Schlachthofviertelsaga Zur Freiheit oder die Polizeiserie München 7, in der die letzten, meist charmant strizzihaften Exemplare Altmünchner Gemütsmenschentums zu sehen sind, stehen auf Bogners Ruhmesliste. Und jetzt Moni's Grill - oh mei. Hat diese krampfigen Schmonzetten wirklich Bogner fabriziert? Kann doch nicht sein. Es ist, als würde ein Sternekoch plötzlich Dosensuppen servieren.

Warum ist Hella von Sinnen so schlank? "Ich hab' wieder Sex"

Moni's Grill ist ein Wirtshaus am Viktualienmarkt, das von drei resoluten Frauen geführt wird, den Schwestern Moni (Monika Gruber) und Toni Schweiger (Christine Neubauer) sowie deren Mutter Christa (Sarah Camp). Dass das vertrackte Münchner Wesen im Wirtshaus am besten zur Geltung kommt, ist als gut eingeführtes Vorurteil zweifelsohne komödientauglich. Daraus wäre was zu machen gewesen, hätte Bogner oder irgendein anderer nicht die Schnapsidee gehabt, die Lokalgeschichte mit einem anderen Genre zusammenzuspannen: dem Talk mit Prominenten. Und damit nimmt das Unheil seinen Lauf.

In der ersten Folge stiefelt die Zotendame Hella von Sinnen ins Lokal, ordert zwei Kölsch aus der Flasche, lässt sich von Moni ins Separee führen, und dann beginnt ein Gespräch, das offensichtlich der Devise folgt: Wir quasseln einfach mal drauflos. Moni (ob das noch die Wirtin Schweiger ist oder doch die Gruber, wird zunehmend egal) stellt schockiert fest, die "dicke Frau von Sinnen" werde immer schmaler, woraufhin diese wie eine ertappte Sünderin bekennt: "Ich hab' wieder Sex." Wer hofft, mit diesem interessanten Geständnis sei es genug, muss schon den Sender wechseln, um nicht auch noch zu hören, dass Frau von Sinnen in puncto Sex gar nichts mit Männern anfangen kann, Frau Moni aber sehr wohl, wenn es gelegentlich auch Fehlgriffe gebe, wie damals der relativ bekannte Politiker, der wie eine nach Fliegen schnappende Echse zu küssen pflegte, eine Beobachtung, die wie von selbst zur Frage führt, ob schwule oder heterosexuelle Pornos ersprießlicher seien, woran sich ein Meinungsaustausch über Achselhaare, Wechseljahre und noch intimere Details anschließt. In diesem Moment wünscht sich auch der dem eher weiblichen Themenspektrum aufgeschlossene Zuschauer, der Polizeihauptmeister Xaver Bartl aus München 7 käme ums Eck und machte dem Gequatsche von Amts wegen ein Ende.

Aber es kommt kein Polizist. Stattdessen setzt die Rahmenhandlung den hier waltenden Hang zu Schlüpfrigkeiten insofern fort, als bei einer Steuerprüfung herauskommt, dass Mutter Schweiger auf Sexportalen im Netz ein kleines Vermögen verpulvert hat. In der zweiten Folge spinnt Köchin Toni den Faden weiter, indem sie mit tiefem Dekolleté und Schmachtblicken dem Vermieter des Lokals (Alexander Duda) die Aussicht auf einen Liebesurlaub auf Mallorca vorgaukelt, um die Mieterhöhung zu verhindern. Lustig, nicht wahr? Aber doch nicht der ausgefuchste Humor, mit dem Bogner sonst aufwartet. Und hat er nicht immer Typen in Szene gesetzt, die so echt waren, dass man sie zu kennen glaubte? Ja, hat er. Doch das schlichte Gelaber in Moni's Grill lässt kaum den Verdacht aufkommen, hier zeige einer Figuren, die so durchtrieben und gemütlich seien, dass der Zuschauer sie mühelos als zeitgenössische Münchner identifizieren könne.

Bei den Dreharbeiten hat Bogner angesichts der Genremixtur von einem "Freiflug" gesprochen. Kann man mal riskieren, wenn ein so guter Regisseur und so gute Schauspieler am Werk sind. Rätselhaft, dass es ein Tiefflug geworden ist.

Moni's Grill , ARD, 23.30 Uhr; BR, Freitag, 19.30 Uhr.

© SZ vom 22.09.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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