Gendern:Wie meinst Diversity, Spatzl?

Gendern: Sind das Klimastreifen? Oder ist es ein ganz normaler hässlicher Teppich? Der BR diskutierte Ende Mai zum "Diversity-Tag" der ARD übers Gendern.

Sind das Klimastreifen? Oder ist es ein ganz normaler hässlicher Teppich? Der BR diskutierte Ende Mai zum "Diversity-Tag" der ARD übers Gendern.

(Foto: Bayerischer Rundfunk/ARD)

Der BR zeigt mit einem erzieherischen Talk, wie man der Bevölkerung garantiert keine Lust aufs Gendern macht. Immerhin: Es gibt viel zu lachen.

Von Cornelius Pollmer

Wenn es im Fernsehen ums Gendern geht, hilft Gehässigkeit selten weiter, zu groß ist die Gefahr, in jene Fraktion abzugleiten, die schon den Begriff "Hähnchen*innenfilet" für einen guten Witz hält. Insofern war Vorsicht geboten, als die Bild in dieser Woche ein zwei Monate altes Video des BR ausgrub und prominent beschrieb unter der Zeile "Sie wollten Schüler überzeugen: Bayerischer Rundfunk blamiert sich mit Gender-Sendung". Wer dann aber als freiwillige Lernleistung das Video selbst anklickte und 45 Minuten lang durchhielt, der musste feststellen, dass die Sache ausnahmsweise noch schlimmer war als vom Boulevard beschrieben - allerdings auch noch lustiger.

Schon in ihrer Begrüßung hängt Moderatorin Claudia Stamm den Wortstämmen "lern" und "lehr" zunächst sämtliche Endungen an, die man sich nur denken kann, Motto: Wird schon was Richtiges dabei sein. Und sie schließt mit der ersten großen Pointe dieser öffentlich-rechtlichen Revue, nämlich der Behauptung, sie verwende "ab jetzt alle möglichen grammatikalischen Formen, das sagt gar nichts über meine Haltung und meine Meinung aus".

Dann beginnt die Diskussion. Es lassen sich daraus nicht alle Highlights wiedergeben, weit vorne liegt aber Stamms Frage, ob künftig statt von der Wirtschaft besser von "Wirt*innenschaft" zu sprechen sei? Nur knapp dahinter folgt eine Straßenumfrage, in der ein Passant aus Passau zu Protokoll gibt, er höre inzwischen aus dem Mund von Politikern nur noch "Bürgerinnen und Bürgerinnen", also zwei Mal die weibliche Form.

Die Schüler geben kund, dass ihnen Gendern eher egal ist - oder sie es eben ablehnen

Wenigstens die sich daraus in der Einbildung des Mannes ergebende doppelte Marginalisierung wird anschließend nicht thematisiert, wobei man Stamms Kollegin Julia Fritzsche auch dies zugetraut hätte, so besorgt knetet sie ihre Hände. Fritzsches große Stunde schlägt dann bei einer ersten in den Talk integrierten Umfrage in der Schülerschaft, die das Panel vereinfacht gesagt wissen lässt, dass ihr Gendersprache weit überwiegend entweder komplett egal ist oder sie diese aktiv ablehnt. "Kannst Du damit leben, ist das ok?", fragt Stamm Fritzsche ob dieses großen Egalseins. Diese nun antwortet: "Ja, also ich glaube, die Debatte ist halt sehr aufgehitzt".

Noch kreativer unzufrieden mit der Demoskopie zeigt sich die mitdiskutierende stellvertretende Landesschülersprecherin, Fabia Klein. Sie sagt, sie finde es "'n bisschen schwierig" eine solche Frage nur in eine oder ein paar Klassen zu geben. Sie persönlich hingegen habe "Kontakt zu sehr vielen Schülerinnen und Schülern", und da bekomme sie "schon mit, dass der Wunsch da ist, dass man gendert" - und hier beim BR, da mache man für gewöhnlich ja eher ein Programm für "die in Anführungszeichen ältere Generation".

Im großen Finale schaut Moderatorin Stamm dann ein letztes Mal bang aufs "Mentimeter" mit den Umfrageergebnissen: "Wie ist deine Einstellung zum Gendern nach der Diskussion?" Wieder liefern sich die Optionen Ist-mir-wumpe und "Finde ich weiterhin unnötig!" ein aufregendes Wettrennen. Woraus Stamm nur schließen kann: "Also ich glaube, es ist tatsächlich ein Aufruf, sozusagen nächstes Jahr wieder diese Veranstaltung zu machen!"

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