Süddeutsche Zeitung

Boykott?:Funkstille

ARD-Sportkoordinator Axel Balkausky hat dem RBB-Medienmagazin ein angefragtes Interview abgesagt. Steckten wirklich nur Zeitgründe dahinter? Eine Mail Balkauskys legt nahe, dass es noch einen anderen Grund gegeben hat.

Von David Denk

Medienjournalisten handeln sich immer wieder den Vorwurf ein, "Nestbeschmutzer" zu sein. Dabei gehört es zu ihrem Job, auch kritisch über Kollegen zu berichten, wie es Daniel Bouhs getan hat, als er, frei unter anderem tätig für Zapp, in zwei Beiträgen für das NDR-Medienmagazin Anfang des Jahres über Nebentätigkeiten von ARD-Sportjournalisten berichtet hat. Anlass war, dass zwei als Sendergesichter bekannte Freiberufler einen Langlauf-Weltcup organisiert und trotzdem weiter über Wintersport berichtet hatten. Bouhs problematisierte ihre Doppelrolle und ließ auch ARD-Sportkoordinator Balkausky zu Wort kommen, der sich reformbereit gab.

Als Bouhs und RBB-Moderator Jörg Wagner in der jüngsten Ausgabe vom Radio Eins Medienmagazin am Samstag thematisierten, dass mit Stefan Kuntz der aktuelle Trainer der U21-Nationalelf als ARD-Experte bei der Fußball-WM in Russland auftritt, wollten sie über diesen potenziellen Rollen- und Interessenkonflikt auch mit Balkausky sprechen, doch der sagte ab: Er habe keine Zeit. Einer Mail Balkauskys an Wagner zufolge, aus der dieser in der Sendung zitierte, gab es aber noch einen Grund: Er wolle an keiner Sendung teilnehmen, in der Bouhs seine Sichtweise auf den ARD-Sport ausbreiten könne.

Auf Nachfrage der SZ möchte Balkausky von Boykott nichts wissen. Er habe "lediglich in einem persönlichen Mail-Verkehr zwischen Jörg Wagner und mir eine flapsige Anmerkung mit gewissen Vorbehalten gegenüber Daniel Bouhs formuliert". Abgesagt habe er "unabhängig von den handelnden Personen auf Seiten des RBB". Die Vorgeschichte mit Bouhs habe keine Rolle gespielt. "Wer häufiger mit mir zu tun hat, weiß, dass ich grundsätzlich nichts gegen eine kritische Berichterstattung über den Sport in der ARD einzuwenden habe", so Balkausky.

Bouhs hingegen spricht von Boykott. Nach mehreren Gesprächsversuchen habe Balkausky zuletzt bei einer Begegnung im April erklärt, im Moment nichts mit ihm zu bereden zu haben. In der jüngsten Absage sieht Bouhs eine Verschärfung: Nicht nur er selbst würde mittlerweile geschnitten, auch "Kollegen, die es mir ermöglichen, über den ARD-Sport zu berichten", würden "in Sippenhaft" genommen. Balkausky habe nicht nur Wagner ein Interview verweigert, sondern auch den Kollegen von Zapp. "Ich kann mir das nur so erklären", sagt er, "dass Axel Balkausky hofft, dass ich mich mangels Zugangs mit dem ARD-Sport und seinen Protagonisten nicht weiter beschäftige". Doch Bouhs will dem "enormen Druck auf meine Berichterstattung" nicht nachgeben. Er wolle weiter über den ARD-Sport berichten - und nicht nur über, sondern auch mit der ARD sprechen. "Wenn die offizielle Darstellung von Axel Balkausky nun stimmen sollte, dass er mit mir eigentlich gar kein Problem habe, sollte das ja künftig wieder funktionieren."

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Quelle:
SZ vom 12.06.2018
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