Süddeutsche Zeitung

Blackfacing:"Als ich klein war, war das okay"

Lesezeit: 2 min

Von Jürgen Schmieder, Los Angeles

Es braucht manchmal nur ein kleines Teilchen, um das komplette Puzzle zu verändern. Wer den amerikanischen Kabelkanal Fox News mag, der bezeichnet ihn als konservativen Nachrichtensender - alle anderen dürften es eher rechtspopulistisches Agenda-TV nennen. Die Reporterin Megyn Kelly passte irgendwie nicht hinein in dieses Bild, in dem Moderatoren wie Sean Hannity oder Tucker Carlson die Politiker der Republikanischen Partei nicht nur mit Samthandschuhen anfassen, sondern sie damit auch noch sanft streicheln. Kelly dagegen stellte unbequeme Fragen an politische Schwergewichte wie Dick Cheney und Newt Gingrich, sie stellte Kollegen wie Bill O'Reilly wegen Sexismus an den Pranger, und während des Präsidentschaftswahlkampfes wurde sie berühmt, weil Donald Trump sie sexistisch beleidigt hatte.

Kelly passte scheinbar nicht zu Fox News, und noch vor der Amtseinführung Trumps wechselte sie für ein kolportiertes Jahresgehalt von 20 Millionen Dollar zum Kanal NBC News, den Fans für einen liberalen Nachrichtensender halten und die anderen für linksgrünversifftes Agenda-TV. Nun steht Kelly wegen rassistischer Äußerungen in ihrer Sendung "Megyn Kelly Today" vor dem Ende, sie soll bereits über eine mögliche Abfindung verhandeln. Sie hatte behauptet, dass doch nichts dabei sei, wenn sich hellhäutige Leute an Halloween das Gesicht schwärzen: "Als ich klein war, da war das okay, solange man eine bestimmte Person verkörperte." Sie könne nicht nachvollziehen, was daran rassistisch sein solle, wenn sich etwa die weiße Schauspielerin Luann de Lesseps als Diana Ross verkleide.

Blackfacing wurde einst im Theater eingesetzt, damit weiße Schauspieler schwarze Figuren verkörpern und sich über die lustig machen konnten - es wurden damit rassistische Ressentiments über den dümmlichen Schwarzen verbreitet. Das hat Kelly mittlerweile offensichtlich mitbekommen, sie hat sich für ihre Aussagen entschuldigt: "Die Geschichte von Blackfacing in unserer Kultur ist abscheulich, die Wunden sind zu tief."

Es dürfte dennoch knifflig werden für Kelly, ihren Job zu behalten, weil dieses Puzzlestück nun ein völlig neues Bild der Moderatorin entstehen lässt. Während ihrer Zeit bei Fox News nämlich wurde Kelly zwar berühmt für ihre scheinbar rebellische Art, sie war aber auch berüchtigt für ihre teils rassistischen Segmente. Sie behauptete zum Beispiel, dass Jesus und Sankt Nikolaus weiß gewesen seien, und sie behauptete in einer Sendung über Polizeigewalt, dass ein von Polizisten getöteter schwarzer Teenager "kein Heiliger" gewesen sei. Einer der Experten in ihrer Fox-News-Sendung: der ehemalige Polizist Mark Fuhrman, der während des Mordprozesses gegen O. J. Simpson ertappt worden war, immer wieder das Wort "Nigger" für dunkelhäutige Menschen verwendet zu haben.

Kelly hat sich von ihrer Künstleragentur CAA getrennt und laut Informationen des Hollywood Reporter den Anwalt Bryan Freeman engagiert, der sich nun mit den Verantwortlichen von NBC News treffen soll. Senderchef Andrew Lack sagte bereits: "Es gibt keinen Platz in unseren Sendungen oder an diesem Arbeitsplatz für solche Bemerkungen." Es heißt nun, dass Lack seine prominente Moderatorin gerne loswerden würde, und dass die rassistischen Aussagen eine willkommene Gelegenheit seien. Lack habe zum einen schon seit längerer Zeit bemerkt, dass Kelly doch nicht so gut zu NBC News passe wie gehofft. Zum anderen sind die Einschaltquoten ihrer Sendung nicht gut genug für jemanden, der 20 Millionen Dollar im Jahr verdient.

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