Gut, sicherlich, Beckenbauer. Er ist eine Medienfigur, ein Fernsehfußballprofi, eine Gute-Laune-Maschine. Er kann ein ganzes Land besinnungslos reden. Er beherrscht die Sprache des Stammtisches - aber so, dass der vornehmere Teil des Publikums nicht gleich glaubt, man befinde sich beim Fußballtalk im Wirtshaus. Der Franz, der Kaiser, klar: Der haut auch mal einen Spruch raus, aber sonst hält der den Ball flach. So einen brauchst du einfach im Expertenteam von einem Bezahlsender, damit die ganze Kunstwelt des Sports nicht auseinanderfliegt, indem man sie mit irgendwelchen Negativ-Themen beschwert.
Einen Beckenbauer. Den kannst du im Grunde überhaupt nicht ersetzen, wenn du ein Sky bist, weil ein Beckenbauer halt im Grunde schon ein Ereignis ist, wenn er nur in einem Fernsehstudio drinsitzt. Und deshalb, klar: Wird es für Sky jetzt schwer, nachdem der Beckenbauer als Fernsehexperte aufgehört hat, weil er mit 70 eine Pause vom Stress brauche. Allein wie er am Mittwoch bei der Champions-League-Übertragung wieder die Zuschauer gewonnen hat. Wie er da in seiner ganzen angejahrten Pracht am Tisch saß und auf den Bildschirm schaute, der den FC-Bayern-Trainer Pep Guardiola bei dessen wilder Pausenansprache in der Verlängerung gegen Juventus Turin zeigte.
Das Land schmunzelt: Unser Franz.
Wie der Beckenbauer dann sagte: "So weit ich das jetzt verstehe, sagt er: Wenn ihr das Spiel nicht gewinnt, kastriere ich euch." Wie er in den Jubel der Zuschauer hinein hinzufügte: "So ungefähr." Und wie er den Witz dann stilsicher abschloss: "Sie sind ja dann nach dieser Ansprache wesentlich schneller und viel mehr gelaufen als vorher. Also der Verdacht liegt nahe." Großartig.
Ein Scholl. Ein Kahn. Das sind präzise Fußball-Analysten. Die erklären das Spiel auch so, dass es keine unnötige Tiefe bekommt. Aber ein Beckenbauer ist Folklore, eine Sehenswürdigkeit, ein Stück bayerisches Deutschland wie Schloss Neuschwanstein oder der Starnberger See. Wobei der Beckenbauer dazu ein Talent aufweist, das andere Prominente bestimmt auch gern hätten: Der Beckenbauer kann Probleme verdrängen wie kein Zweiter. Zu den Menschenrechtsverletzungen im Fußball-WM-Land Katar hat er gesagt, er habe dort "noch nicht einen einzigen Sklaven" gesehen. Die Korruptionsvorwürfe rund um die WM 2006, die er als Organisationschef nach Deutschland holte, hat er mit großväterlicher Arglosigkeit bekämpft: "Ich habe immer blind unterschrieben." Das Land schmunzelt: Unser Franz. Und jetzt bringt er sich unter lautem Applaus vor der Öffentlichkeit in Sicherheit. Das muss dem Beckenbauer erstmal einer nachmachen.