"Bild"-Zeitung auf Schatzsuche:Jäger des verlorenen Quatsches

Die "Bild"-Zeitung schickt eine Expedition auf Schatzsuche nach Guatemala - aber offenbar haben die Teilnehmer nicht einmal eine Suchgenehmigung. Selbst hohe Politiker melden sich inzwischen zu Wort.

Peter Burghardt

Der Lago de Izabal liegt im Osten von Guatemala, nicht weit entfernt von der Karibik. Für Piraten war der größte See des mittelamerikanischen Landes einst ein beliebtes Ziel, weshalb die spanischen Kolonialherren dort die Festung San Felipe errichten ließen, die heute unter Denkmalschutz steht.

Bild Schatzsuche

Schatzsuche bei Bild.de: "Ganz Guatemala im Schatzfieber".

(Foto: Screenshot)

Mittlerweile ist die Gegend vor allem bei mordenden Drogenhändlern populär, doch gerade wurde die Ankunft gang anderer Freibeuter gemeldet. Bild-Leser wissen das, denn das Blatt finanziert den Besuch.

Es geht um einen sagenhaften Schatz: Der Deutsche Joachim Rittstieg will ermittelt haben, dass das Gewässer eine versunkene Stadt der Maya sowie acht Tonnen Gold verbirgt. Unter seiner Leitung ist ein Team der Bild mit Reportern, Kameramann und Taucher eingetroffen, was manche Guatemalteken verblüfft.

Museumsstücke und Vermögen aus den Tiefen einer untergegangen Hochkultur, versteckt unter Fluten und entdeckt von einem früheren Realschuldirektor? Es heißt, der Mathematiker Rittstieg sei seit Jahrzehnten mit dem Geheimnis beschäftigt und habe den sogenannten Dresdner Kodex entschlüsselt.

Das ist eines der vier erhaltenen Manuskripte der Maya, es besteht aus 74 mit Hieroglyphen gefüllten Blättern und befindet sich seit dem 18. Jahrhundert im Besitz der Sächsischen Landes- und Universitätsbibliothek. Laut Rittstieg weist das Dokument den Weg zu 2156 Goldtafeln, die vor fast 2700 Jahren gemeinsam mit der Stadt Atlan im Lago de Izabal verschwanden.

Selbst der Präsident zweifelt

Atlan alias Atlantis fiel seiner Meinung nach einem Erdbeben im Jahre 666 vor Christus zum Opfer. Radaraufnahmen eines Erdölkonzerns würden belegen, dass unter einer Schlammschicht Reste von Gebäuden ruhten. Nun ist Señor Rittstieg eine Art Indiana Jones im Gespann der Gazette.

Gold in Guatemala

Auch ein paar Zeitungen aus Guatemala widmen sich dem Suchtrupp aus Alemania. Der Provinzgouverneur hat laut Prensa Libre angeordnet, die Polizei und eine Spezialeinheit sollten Schiffe auf dem See Izabal kontrollieren, um Schatzsucher abzuhalten. Die Direktorin des anthropologischen und historischen Instituts berichtet, sie habe bis zur Wochenmitte keine Anfrage für eine Suchgenehmigung bekommen.

Selbst Staatspräsident Álvaro Colom meldete sich in der Angelegenheit zu Wort und sagte gemäß La Crónica de Hoy: "Ich glaube nicht, dass es da unten Gold gibt." Seriöse Studien hätten solchen Gerüchten immer widersprochen.

Kronzeuge von Däniken

Die Glücksritter von Bild liefern derweil Titel wie diese: "Ganz Guatemala im Schatzfieber", "So sieht der Maya-Schatz aus, den Bild jagt" und "Unter Polizeischutz: Bild-Expedition startet zum Goldsee" Zu den Kronzeugen gehört der Schweizer Erich von Däniken, der sich nach eigenen Angaben seit 40 Jahren um den Nachweis bemüht, dass Außerirdische Einfluss auf die Entwicklung der Menschheit genommen und Spuren auf der Erde hinterlassen haben.

Er verspricht nicht nur Gold in Guatemala, sondern auch "in Stein gemeißelte Botschaften aus der tiefen Vergangenheit". Wobei das Gold im Falle eines Fundes natürlich in Guatemala bleibe, wie Rittstieg und sein Zentralorgan versprechen. Doch bei der Fahndung drängt die Zeit: Laut Maya-Kalender geht am 21. Dezember 2012 die Welt unter.

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