Moderatorin Ruth Moschner spart nicht mit Superlativen, als sie die Teilnehmer der Vox-Kochshow "Grill den Henssler" ankündigt: "Es sind Stars, die man auf der ganzen Welt kennt. Diese drei standen für Deutschland schon in der allerersten Reihe." Unter lautem Applaus des Studiopublikums laufen zum Auftakt der zweiten Staffel ein: Ex-Fußballprofi Arne Friedrich, Ex-Eisschnellläuferin Anni Friesinger-Postma - und Ex-Präsidentengattin Bettina Wulff.
Letztere ist nicht alleine gekommen. In ihren Händen trägt sie einen Teller mit einem Mini-Gugelhupf. Wulffs Mitbringsel bleibt auch der Moderatorin nicht lange verborgen. "Was ist das?" Wulff lächelt nervös und sagt mit unsicherer Stimme: "Meine beiden Söhne Leander und Linus haben den gestern, äh heute gebacken und mir den Auftrag gegeben, ihn dir zu überreichen." Henssler dankt, das Publikum klatscht, Bettina Wulff lächelt erleichtert.
Es ist Wulffs erster Auftritt in einer Unterhaltungsshow nach der Trennung von ihrem Ehemann Christian Wulff. Dem Playboy hat sie abgesagt, Promi-Big Brother auch. Der Zeitpunkt und die Sendung sind sorgfältig ausgewählt. Ihr sehr konservatives Outfit wohl auch. Wulff trägt eine cremefarbene Hose, helle Ballerinas und eine hochgeschlossene blassrosafarbene Bluse. Die 40-Jährige ist unterwegs in einer Mission: Sie versucht sich mit professioneller Hilfe ein neues Image aufzubauen. Wulff will in Deutschland wieder Sympathieträgerin sein.
In Rumpelstilzchen-Manier
So wie beim Amtsantritt von Christian Wulff. Als der CDU-Mann am 30. Juni 2010 ins Schloss Bellevue zog, sparen die Deutschen nicht mit Bewunderung und Sympathie für dessen junge Frau. Nicht nur wegen eines Sohnes aus einer früheren Beziehung und eines Oberarmtattoos gilt sie schnell als Inbegriff der modernen Präsidentengattin. Dann kippt die Stimmung. Als Christian Wulff am 17. Februar 2012 zurücktreten muss, ist sein Ruf ruiniert - und ihrer auch. Die Trennung der Eheleute Wulff wird öffentlich ausgeschlachtet, ihr Buch "Jenseits des Protokolls", mit dem sie sich und ihr Verhalten rechtfertigen will, bringt ihr Hass und Häme ein. Anfang August tauchen Oben-ohne-Fotos auf, Ende August berichtet Bettina Wulff in einem SZ Magazin-Interview von ihrem Vorhaben: Der "Masterplan Bettina Wulff" zur Imageverbesserung soll endlich in die Tat umgesetzt werden.
Nun also die dreistündige Kochshow zur Prime-Time am Sonntagabend. Ob sich Bettina Wulff mit ihrem Auftritt dort einen Gefallen getan hat? Definitiv.
Neben der angestrengt lächelnden Moderatorin Ruth Moschner und dem überdrehten Fernsehkoch Steffen Henssler, der in Rumpelstilzchen-Manier die Sendung dominiert, wirkt die ausgebildete PR-Frau Wulff fast schüchtern. Während Moschner und Henssler sich in den Vordergrund drängen, bleibt für Wulff eine Nebenrolle. Doch das scheint kein Problem zu sein für die Frau, die früher mal dem Papst die Hand schüttelte und mit Michelle Obama zu Abend aß.
Wie sie genannt werden wolle, wird sie gleich zu Beginn gefragt. "Heute Abend ist 'Bettina' genau richtig", antwortet Wulff. Der als "Kochcoach" vorgestellte Hamburger Sternekoch Ali Güngörmüs soll den Prominenten in den verschiedenen Wettbewerben helfen, gegen Steffen Henssler zu gewinnen. Er sitzt dafür auf einer Art hohem Bademeisterstuhl und gibt Anweisungen.
Es geht los mit dem "Impro-Gang": Aus Taubenbrust, Marzipan, Tannennadelsirup, Granatapfel, Fenchel, Pinienkernen und Harissa muss ein Gericht gekocht werden. Die Jury besteht aus Reiner Calmund ("Genießer und Manager"), Heinz Horrmann ("Europas bester Restaurantkritiker") und Natalie Lumpp ("Sommelière und Genussmensch").
Als Nächstes steht eine Aufgabe an, die wohl Grundschülern auf einem Kindergeburtstag zu albern wäre. Doch Friesinger, Friedrich und Wulff machen tapfer mit und pusten Makkaroni mithilfe von Strohhalmen auf Bierdeckel, später werden sie auch noch Dosen angeln.
Während der ruhige Friedrich den hibbeligen Henssler mit "Waldpilzen mit Selleriedip und Perlzwiebeln" herausfordert, schaut Wulff dem ehemaligen Profi-Fußballer beim Kochen zu. Moschner kommentiert: "Oh, Bettina auf Staatsbesuch. Was war denn essenstechnisch dein skurrilster Staatsbesuch als Präsidentengattin?" Wulff antwortet diplomatisch: "Ich habe in der Zeit viele tolle Gerichte essen dürfen."
Henssler muss aufstoßen. "Kleines Bäuerchen, sorry." Moschner findet das sehr, sehr lustig. Nach zähen 90 Minuten darf Wulff endlich allein an den Herd. Sie fordert Henssler im Hauptgang heraus. "Saltimbocca alla Romana mit Himbeer-Sauce und Bandnudeln" wird es geben, beide haben 25 Minuten Zeit. Henssler gibt sich siegessicher: "Damit wird sie heute nicht First Lady."
Moschner interessiert sich weniger für Wulffs Kochkünste als für ihr Liebesleben. "Du bist ja zurzeit zu haben ..." - "Wie bitte?", entgegnet Wulff, während sie hauchdünne Fleischscheiben faltet und belegt und den Vorgang "textiles Gestalten" nennt. Was für Männer sie denn gut finde, fragt Moschner. "Ich finde grundsätzlich Männer klasse, wenn sie kochen können", antwortet Wulff. "Bettina, Butter in die Pfanne", unterbricht der Kochcoach. Moschner gibt nicht auf.
"Sie spendet sicherlich für ihren Exmann"
Ob der Christian Wulff denn in der Küche mitgeholfen habe? "Kann man sich nicht vorstellen, war aber so", sagt Wulff. Er sei sehr gut im Vorbereiten gewesen. Auf Schloss Bellevue, gesteht sie, habe sie nie gekocht. "Gott bewahre, nein. Da waren natürlich Profis am Werk".
Wem sie im Falle eines Gewinns die 3000 Euro spenden würde, fragt Moschner. Henssler kommentiert: "Sie spendet sicherlich für ihren Exmann." Wulff ringt sich ein freundliches "Hey, hey, das habe ich gehört" ab und wird dann wieder ernst: Sie sitze zweimal pro Monat am Telefon bei einem Sorgentelefon für Schwangere. Denen werde sie etwas spenden, verspricht Wulff.
Der Kochcoach gerät ins Schwärmen: "Guck mal, wie entspannt die Bettina ist." Da setzt Moschner erneut an. Ob man die Exfrau eines CDU-Mannes fragen dürfe, auf welcher Tellerfarbe sie anrichten möchte: grün oder rot. "Exfrau ist jetzt irgendwie nicht so richtig", nuschelt Wulff ins Nudelwasser. "Oh, seid ihr wieder zusammen?", fragt Moschner fast hysterisch. "Können wir übers Essen sprechen?", sagt Wulff mit einem breiten Lächeln und widmet sich mit sehr viel Hingabe den Bandnudeln. Die Jury bezeichnet ihr Saltimbocca auf dem roten Teller wenig später als "himmlisch", es erhält vier Punkte mehr als das von Henssler. Das Sorgentelefon darf sich über 3000 Euro freuen.
Kochcoach Güngörmüs outet sich als großer Wulff-Fan: "Bettina funktioniert super, sie ist total fokussiert." Das stimmt nicht nur im Hinblick aufs Kochen.