Kauf von DuMont:Plötzlich Verleger

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Bisher keine Medienerfahrung: Das Berliner Ehepaar Silke und Holger Friedrich kauft den Berliner Verlag mit der Berliner Zeitung und dem Berliner Kurier. (Foto: Jens Rötzsch)
  • Die DuMont-Mediengruppe verkauft ihren Berliner Verlag und trennt sich somit von der Berliner Zeitung und dem Berliner Kurier.
  • Die beiden Berliner Unternehmer Silke und Holger Friedrich kaufen das Unternehmen, der Kaufpreis ist bisher unbekannt.
  • Die Geschäfte des Berliner Verlags laufen schlecht, die Berliner Zeitung büßte in den vergangenen Jahren stark an Auflage und Bedeutung ein.

Von Caspar Busse

Von Erich Böhme, dem ehemaligen Chefredakteur des Spiegel, ist eine Äußerung überliefert, die die Berliner Zeitung in den vergangenen knapp drei Jahrzehnten nie mehr losgeworden ist: Als Böhme 1990 Herausgeber des einstigen SED-Organs wurde, versprach er, er werde aus dem ehemaligen Ostblatt eine Washington Post für Deutschland machen, also eine führende, bedeutende und investigativ tätige Hauptstadtzeitung nach dem berühmten Vorbild in den USA. Böhme, der nur vier Jahre blieb und 2009 starb, konnte das Versprechen aber nie auch nur annähernd einlösen, seine Nachfolger und die vielfach wechselnden Besitzer der Berliner Zeitung erst recht nicht.

Nun kommt der Berliner Verlag, zu dem neben der Berliner Zeitung auch das Boulevardblatt Berliner Kurier, Digitalangebote und eine Druckerei mit insgesamt 400 Mitarbeitern gehören, wieder in neue Hände: Die beiden Berliner Unternehmer Silke und Holger Friedrich kaufen das Unternehmen von der Kölner Mediengruppe DuMont, wie beide Seiten am Dienstag überraschend mitteilten. Das Ehepaar hatte bisher niemand als potenzielle Käufer im Blick. Der Kaufpreis ist unbekannt, sehr hoch kann er aber nicht sein, denn die Geschäfte des Berliner Verlags laufen schlecht, die Berliner Zeitung büßte in den vergangenen Jahren stark an Auflage und Bedeutung ein. DuMont-Chef Christoph Bauer dürfte froh sein, dass er die Tochterfirma los ist. Das Kartellamt muss noch zustimmen, daran dürfte es keine Zweifel geben. Bauer hatte zusammen mit Isabella DuMont und Christian DuMont Schütte - beide Vertreter der Eigentümerfamilien - die Mitarbeiter in Berlin informiert.

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"Wir möchten das Profil des Berliner Verlags stärken und mit einer versachlichten, faktenbasierten Berichterstattung den politischen und gesellschaftlichen Diskurs für Berlin und aus Berlin heraus bereichern", wird Holger Friedrich zitiert.

Über das Ehepaar, das in der Softwarebranche reich wurde, ist nicht viel bekannt, im Zeitungsgeschäft waren die beiden bislang nicht aktiv. Silke Friedrich leitet die Berlin Metropolitan School, eine internationale Schule mit etwa 1000 Schülern. Gemeinsam mit Ralf Regitz, Gründungsmitglied der Loveparade, hatte sie den früheren Technoclub Ewerk zu einem Veranstaltungsort gemacht. Holger Friedrich gründete 2009 die Technologie-Beraterfirma Core. Zuvor hatte er eine Firma an SAP verkauft, war er bei der Software AG und bei McKinsey. Das Paar wird den Verlag laut DuMont in die Holding der Familie Friedrich überführen. "Wir verstehen diesen Schritt als zivilgesellschaftliches Engagement in bewegten Zeiten und freuen uns auf diese Aufgabe sowie die Zusammenarbeit mit dem Team", sagte Silke Friedrich.

Der Berliner Zeitungsmarkt gilt als besonders umkämpft und ruinös, die Zahl der Abonnenten sinkt beständig, die Werbeeinnahmen auch. Neben der Berliner Zeitung sind der Tagesspiegel, die dem Stuttgarter Verleger Dieter von Holtzbrinck ( Handelsblatt, Wirtschaftswoche, Die Zeit) gehört, und die Berliner Morgenpost aus der Essener Funke-Mediengruppe am Markt, dazu kommt die Welt vom Berliner Medienunternehmen Axel Springer.

DuMont steckt selbst in Problemen

Der Verkauf der Berliner Zeitung an Privatleute ist eine weitere Wendung in der wechselvollen Geschichte des Blatts, das 1945 gegründet wurde (die erste Schlagzeile lautete "Berlin lebt auf!"). Es erschien schon immer im Osten der Stadt und war später dem Zentralkomitee der SED unterstellt. Nach der Wende stieg der Hamburger Verlag Gruner + Jahr ein, zunächst zusammen mit dem britischen Verleger Robert Maxwell. Es wurde viel investiert, doch der Erfolg blieb aus. 2002 übernahm die Verlagsgruppe Holtzbrinck das Blatt, doch das Kartellamt untersagte das Geschäft, weil zu Holtzbrinck auch der Tagesspiegel gehört. Dann kam der umstrittene britische Medienmanager David Montgomery, der einen Zeitungskonzern aufbauen wollte, aber scheiterte. 2009 stieg Dumont ein und zahlte rund 150 Millionen Euro.

DuMont, in Familienbesitz, ist selbst in Problemen, der 2015 gestorbene Verleger Alfred Neven DuMont hatte viele Jahre stark expandiert, ohne auf die Risiken zu achten. Die Frankfurter Rundschau, die auch in DuMont-Eigentum war, musste 2012 Insolvenz anmelden. Zur Gruppe gehören auch der Kölner Stadt-Anzeiger, der Express, die Mitteldeutsche Zeitung in Halle und die Hamburger Morgenpost. Der Verkauf in Berlin, der von der Familie abgesegnet wurde, sei "der erste Schritt der Portfolio-Überprüfung", hieß es. "Der Prozess dauert noch an und wird voraussichtlich Ende des Jahres abgeschlossen sein." Doch der Druck ist nun durchaus geringer, weil der Berliner Verlag das größte Problem war. Ob am Ende alle anderen Zeitungen verkauft werden, ist nach wie vor offen.

Man werde "ein breiteres Publikum ansprechen und mit den Lesern stärker in Kontakt treten, als dies bisher der Fall ist", kündigten die neuen Eigentümer an, und es werde investiert. Immerhin eine Parallele zur Washington Post gibt es, auch die wurde von einem Privatmann übernommen: 2013 kaufte Amazon-Gründer Jeff Bezos das Blatt. Der reichste Mann der Welt.

© SZ vom 18.09.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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