Gala:Journalismus mit Kosmetik

Gala: TV-Moderatorin Bella Lesnik in einem Behind-the-scenes-Video, das auf Gala.de gezeigt wird. Es präsentiert die Produktion eines Werbevideos der Firma Olay.

TV-Moderatorin Bella Lesnik in einem Behind-the-scenes-Video, das auf Gala.de gezeigt wird. Es präsentiert die Produktion eines Werbevideos der Firma Olay.

(Foto: Gala.de/Screenshot)

Nicht nur im Hautbild völlig verändert: Wie Gala.de einen Werbespot von RTL-Moderatorin Bella Lesnik feiert.

Von Lisa Priller-Gebhardt

Bella Lesnik ist Moderatorin des RTL-Boulevardformats Exclusiv - das Starmagazin, man kann sie aber auch aus einem TV-Werbespot kennen, in dem sie eine Hautpflege lobt. "Nach 28 Tagen ist meine Haut so strahlend schön wie nie zuvor", sagt Bella Lesnik. Bei den Journalisten des traditionsreichen Verlagshauses Gruner und Jahr dürfte die Hautpflege-Aktion von Lesnik das Hautbild eher nicht verschönern: Sie dürfen eine neue Art geschäftlicher Kosmetik erleben, die ihnen droht, seit das Hamburger Zeitschriftenhaus von RTL gekauft wurde.

Denn Lesnik ist seit 2019 ebenfalls Teil des Gala-Führungsteams und verfasst als "Editor-at-Large" die wöchentlichen Editorials der Zeitschrift. Im Impressum rangiert sie sogar oberhalb von Chefredakteurin Brigitte Huber.

Um das "Olay Power-Duo-Collagen aus Peptid24-Tagespflege und Retinol24-Nachpflege" und seine prominente Anwenderin nicht nur bei den TV-Zuschauern des RTL-Universums, sondern auch den Leserinnen der Gala im Netz näherzubringen, wurde unter der Marke der Gruner-und-Jahr-Zeitschrift ein Promi-Placement der besonderen Art fabriziert: Auf Gala.de wurde das Making-of des Werbespots redaktionell vorgestellt - allerdings ohne Hinweis darauf, dass Lesnik Teil des Führungsteams bei Gala ist. Eine Markierung des Beitrags als Anzeige sucht man ebenso vergeblich. Das ist ungefähr so, als würde Bunte-Chefredakteur Robert Pölzer Werbung für Appetitzügler machen und auf Bunte.de dafür gefeiert werden.

Der Cremefabrikant Procter & Gamble ist Werbekunde von "Gala"

Zum Stand der Fusion des bislang eher vornehmen Hamburger Verlags (Brigitte, Geo) und des Kölner Senders RTL vermeldeten die neuen Chefs von RTL Deutschland, Stephan Schäfer und Matthias Dang, gerade im Handelsblatt, sie wollten ein "Medienhaus der Zukunft" bauen. Dazu würden die Marken der beiden Unternehmen "gattungsübergreifend weiterentwickelt" und "so in einer fragmentierten Welt der Medienangebote unter einem Dach vereint". Schäfer, früher ein angesehener Chefredakteur bei G+J , soll jetzt nicht nur ein guter Journalist, sondern ein noch besserer Geschäftsmann sein. Gruner-und-Jahr-Journalisten fürchten allerdings, der Verlag werde auf kanalübergreifende Profit-Maschine getrimmt. Gala und das TV-Magazin RTL Exclusiv sind inzwischen, um im Schäfer-Sprech zu bleiben, "gattungsübergreifend" eng verbandelt. Wie eng, das zeigt sich am heiklen Beispiel Lesnik.

Olay - das ist das Produkt, von dem Bella Lesnik schwärmt - ist vielen noch bekannt als Oil of Olaz. Die Hautpflegemarke gehört Procter & Gamble, einem der wichtigsten Kunden im Werbemarkt. Der Werbespot mit Lesnik läuft nicht nur auf allen Sendern der Ad Alliance, also dem Werbevermarkter von RTL oder Vox, sondern auch auf anderen Privatsendern und öffentlich-rechtlichen Kanälen.

Beim Making-of auf Gala.de ist dann von den angekündigten "exklusiven Einblicken hinter die Kulissen" eher wenig zu sehen. Stattdessen wieder viel Lob für die Olay-Inhaltsstoffe Retinol und Kollagen. Hinter allen Werbeaktivitäten der Häuser RTL und Gruner und Jahr, die zum Jahresende die Fusion abschließen wollen, steht die Ad Alliance, also der Vermarkter von RTL Deutschland. Sie hat nicht nur den TV-Spot für Procter & Gamble produziert, sondern auch die Werbesendung "Gala Beauty Talk", aus dem die Bilder für den Beitrag auf Gala.de stammen. Obendrein ist Procter & Gamble Werbekunde von Gala. Ist das die journalistische Wertschöpfung, die dem neuen fusionierten Unternehmen vorschwebt?

Lesnik selber mag sich auf SZ-Anfrage nicht äußern. Der Verlag Gruner und Jahr kann an Lesniks Doppelrolle nichts Verwerfliches finden. "Bella Lesnik ist für die User*innen von Gala.de in erster Linie eine Person von öffentlichem Interesse. Entsprechend wird sie auch in einigen anderen Beiträgen des Portals als Moderatorin bezeichnet ohne Hinweis auf ihre Tätigkeit als Editor-at-Large für die Gala-Print-Ausgabe", antwortet eine Verlagssprecherin. Die Redaktion wähle immer wieder mal Aktionen wie einen Werbedreh von VIP-Werbepartnern aus, da diese Aktionen "Teil der Welt der jeweiligen prominenten Person sind und insofern einen Informationswert für die User*innen haben".

Der Pressekodex zieht eine scharfe Trennlinie zwischen Berichterstattung und Werbung

Der Deutsche Journalistenverband DJV dagegen sieht das völlig anders, dort ist man entsetzt. "Um es klar und ohne Umschweife zu sagen, das geht nicht", sagt Verbandssprecher Hendrik Zörner. "Eine Journalistin, die Werbung für ein Kosmetik-Label macht, ist keine unabhängige Berichterstatterin mehr. Das gilt auch für Magazine, die bisher nicht als investigative Speerspitzen aufgefallen sind." Es handele sich hier um "eine neue Dimension der Grenzverletzung". Zörner verweist auf den Pressekodex des Deutschen Presserats, der eine scharfe Trennlinie zwischen Berichterstattung und Werbung zieht. Die mangelnde Trennung führt in aller Regel zu Rügen.

"Es bleibt zu hoffen, dass Frau Lesniks Aktivitäten ein Einzelfall bleiben. Sonst hätte Gruner und Jahr in kurzer Zeit ein erhebliches Glaubwürdigkeitsproblem. Und das können weder der Verlag noch die vielen Journalistinnen und Journalisten bei G+J gebrauchen", so Zörner. Der DJV wertet diesen Fall als "besonders gravierend", da gerade Gruner und Jahr in der Vergangenheit "einen hohen journalistischen Qualitätsstandard" gepflegt habe.

Da ist es mehr als ein Detail am Rande, wenn in diesem Jahr auf den Sendern der Ad Alliance eine groß angelegte Kampagne läuft - das "Jahr zu Wahrheit. Weil's stimmen muss". Unter dem Motto "Faktenorientiert, verantwortungsvoll und transparent" sollen Redaktionen wie die von Brigitte, Stern, aber auch Gala "Desinformation bekämpfen". Um Journalismus geht es dabei - auch. Wörtlich heißt es dazu aus der offiziellen Pressemitteilung: "Für Werbeplatzierungen bedeutet Qualitätsjournalismus eine hohe Brand Safety."

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