BBC-Serie "Dr Who" wird 50:Ein britisches Alien

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"Dr Who" (Tom Baker) trifft auf eines der Monster. Die BCC-Serie wird im November 50 Jahre alt.

(Foto: Frank Barratt/Getty Images)

Der Schallschraubenzieher wirkt: Vor 50 Jahren sendet die BBC die erste Folge "Doctor Who". Die Science-Fiction-Serie um einen Zeitreisenden vom Planeten Gallifrey ist so britisch wie Tee und Toast. Mit der Jubiläumsfolge soll sich die Richtung der Erzählung jedoch ändern.

Von Alexander Menden

Wenn man begreifen will, zu was für einem Generationen übergreifenden Pop-Phänomen sich die Fernsehserie Doctor Who in Großbritannien entwickelt hat, muss man nur dem Schulwegs-Gespräch zweier x-beliebiger englischer Neunjähriger lauschen. Da ist von Tardis die Rede, von Daleks, von Cybermännern und, natürlich, The Master. Für Uneingeweihte klingt das so undurchdringlich wie so ziemlich jedes spezialistische Fan-Gespräch. Aber die Wahrscheinlichkeit ist groß, dass Eltern und Großeltern (vor allem: Väter und Großväter) besagter Grundschüler auch "Whovians" sind und genau so gut Bescheid wissen über die Doctor-Who-Mythologie wie die Kinder.

An diesem Samstag feiert die BBC-Serie mit einem luxuriösen Special ein halbes Jahrhundert ihres Bestehens. Damit wird eine Institution 50, die auf ihre Art so britisch ist wie Tee und Toast. Gerade hat die Royal Mail eine Doctor Who-Sondermarken-Edition herausgebracht. Die Serie mit ihren mittlerweile mehr als 800 Folgen hat sich zum Exportschlager entwickelt, Senderechte in mehr als 50 Ländern und eine unüberschaubare Flut von Merchandising-Artikeln spülen Hunderte Millionen Pfund in die BBC-Kassen. Nur Star Wars und Star Trek spielen in derselben Liga.

Die BBC sendete die erste Folge von Doctor Who 1963, dem Jahr, in dem das National Theatre gegründet wurde und die Beatles ihren ersten Nummer-eins-Hit landeten. Damals hätte kaum jemand vorhergesagt, dass diese Familienserie einmal im gleichen Atemzug mit solch einschneidenden Ereignissen der britischen Nachkriegskultur genannt werden würde. Am Tag vor der ersten Ausstrahlung am 23. November war der amerikanische Präsident John F. Kennedy ermordet worden; Doctor Whos Premiere schlug keine großen Wellen. Ursprünglich war die Serie als Kinderprogramm gedacht, das wissenschaftliche Themen und historische Ereignisse für ein junges Publikum unterhaltsam aufarbeiten sollte - "Science-Fiction" eben.

Vernunftbegabter Seetang

Die Grundidee hat sich bis heute nicht wesentlich geändert: Ein sogenannter Time Lord, ein humanoides Alien vom Planeten Gallifrey, reist durch Geschichte und All, und zwar mit einer Zeitmaschine namens Tardis, die von außen wirkt wie die in den Sechzigerjahren noch gebräuchlichen britischen Polizei-Notrufzellen. Dabei kämpft er, stets von wechselnden weiblichen Mitstreitern begleitet, gegen unzählige bizarre Gegner: feindliche Aliens, irre Wissenschaftler, steinerne Engel und vernunftbegabten Seetang.

Seine wichtigste Waffe ist dabei sein "Schallschraubenzieher", mit dem er jede Maschine reparieren, verschlossene Türen öffnen und sogar Verletzungen heilen kann. Seine hartnäckigsten Gegner sind die Daleks, erzböse Cyborgs, deren größte Schwäche es ist, keine Treppen benutzen zu können. Der Doktor - sein Name ist ein Geheimnis - war bei der Schlacht von Hastings dabei, half Shakespeare, Hamlet zu schreiben, und wurde Zeuge des großen Londoner Feuers 1666. Letzteres wurde übrigens nicht, wie die Geschichtsbücher behaupten, von einem unbewachten Backofen, sondern von bösen Reptilien aus dem All verursacht.

Eine Rolle, elf Schauspieler

Im Laufe der Jahre ist der Doktor von elf Schauspielern dargestellt worden. Für Kontinuität sorgt der erzählerische Kniff, dass sich ein "Time Lord" nach seinem Tod regenerieren kann. Wer der beste Doktor war, darüber führen die "Whovians" hitzige Debatten. Der erste wurde jedenfalls vom habichtgesichtigen William Hartnell dargestellt und war ein recht autoritärer Knochen.

Favorit vieler ist der energiegeladene David Tennant, die zehnte Inkarnation. Der aktuelle Doktor, Matt Smith, schlüpfte als bisher jüngster Darsteller in die Rolle. Allen war gemein, dass sie den Doktor mit reichlich Exzentrik versahen: Er ist Inbegriff inspirierten Amateurtums, und er liebt Kricket. Ein sehr britisches Alien.

Ein bisschen geschummelt ist das mit den 50 Jahren allerdings schon. Denn 1989 waren die Einschaltquoten der Serie so gesunken, dass sie abgesetzt wurde. Erst 2005 startete der Drehbuchautor Russel T. Davies die Neuauflage. Mit ihrem großzügigen Budget und komplexen Drehbüchern ist die Serie seitdem der ganze Stolz der BBC. In Deutschland war dem Doktor vergleichsweise geringer Erfolg beschieden. Das ZDF entschied sich 1968 gegen einen Ankauf, die Ausstrahlung der neueren Staffeln bei RTL und Pro Sieben machten kaum Quote. Deutsche "Whovians" sind auf den Bezahlsender Fox angewiesen.

An diesem Samstag, dem "Day of the Doctor", werde sich die ganze Richtung der Erzählung ändern, hat der amtierende Drehbuch-Chef Steven Moffat angekündigt. Der Rest der Jubiläumsfolge ist so geheim wie der Name des Außerirdischen von Gallifrey.

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