Öffentlich-Rechtliche in Großbritannien:Die BBC muss schrumpfen

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Die BBC verzeichnete 30 Prozent weniger Gebühreneinnahmen als noch im Jahr 2011. (Foto: Justin Tallis/AFP)

Sechsstellige Moderatoren-Gehälter, 500 Stellen weg und weniger Gebührenzahler: Der Jahresbericht der britischen BBC lässt aufhorchen. Kommt das bald auch in Deutschland?

Von Saladin Salem

Die Beschäftigten der britischen BBC müssen sich in den kommenden Jahren auf weitere Stellenkürzungen und eine Fortsetzung des Sparkurses der Rundfunkanstalt einstellen. Das geht aus dem aktuellen Jahresbericht der British Broadcasting Corporation hervor. Demnach fiel die Höhe der Gebühreneinnahmen auf 3,66 Milliarden Pfund, etwa 80 Millionen weniger als noch im Vorjahr. In dem Bericht heißt es zudem, dass gut eine halbe Million Menschen weniger den Beitrag für die öffentlich-rechtliche Anstalt zahlten. Seit diesem Frühjahr beträgt der Jahresbeitrag für die BBC umgerechnet etwa 200 Euro. Die Beitragszahlung ist in Großbritannien gesetzlich für jeden Haushalt vorgeschrieben, mit einigen Ausnahmen, etwa für Menschen über 75 Jahre. Warum im vergangenen Jahr weniger Haushalte den Beitrag zahlten, wird in dem Bericht allerdings nicht aufgeschlüsselt.

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Im Vergleich zur Bilanz 2010/2011 brachte der Beitrag in diesem Jahr gut 30 Prozent weniger Einnahmen, so die BBC. Das entspreche einem Unterschied von einer Milliarde Pfund. In einer Mitteilung des Senders heißt es, der finanzielle Druck bedeute auch weitere Sparmaßnahmen für die Rundfunkanstalt. Die BBC stellt aktuell vor allem ihre digitale Transformation in den Mittelpunkt der Senderstrategie. Die Zahl der Beschäftigten der öffentlich-rechtlichen Anstalt reduzierte sich indes in den vergangenen fünf Jahren um gut zehn Prozent. Auch in den kommenden zwei Jahren soll es mit dem Stellenabbau weitergehen. Bis März 2026 sollen hiervon gut 500 Jobs betroffen sein, etwa 238 Millionen Euro will die BBC so einsparen.

Kann man die BBC abbestellen? Premier Johnson hielt das für denkbar

Unter der konservativen britischen Regierung war der BBC in den vergangenen Jahren lange keine Beitragserhöhung gestattet worden – trotz hoher Inflationsraten. In Deutschland, wo der Beitrag für ARD und ZDF staatsfern festgelegt wird, bahnt sich bei der ab Jahresende nötigen Erhöhung gerade massiver Streit an. Wenn die Erhöhung nicht kommt, müssten sie wohl ebenfalls massiver denn je kürzen – oder den Beitrag vor dem Bundesverfassungsgericht einklagen, mit guten Chancen auf Erfolg. In Großbritannien hingegen kündigte die BBC bereits vor zwei Jahren Einsparungen in Höhe von 500 Millionen Pfund an. Boris Johnson spekulierte während seiner Zeit als Premierminister gar darauf, eine Art Streaming-Abo für die Rundfunkanstalt einzuführen. Um sich auch weiterhin finanziell abzusichern, plant die BBC, in den nächsten Jahren ihre Einnahmen aus beitragsunabhängigen Angeboten, etwa solchen des Produktionsunternehmens BBC Studios.

Noch im März 2024 kündigte BBC-Direktor Tim Davie an, über eine mögliche Reform des Beitragsmodells nachzudenken, etwa mittels Vergünstigungen für Haushalte mit niedrigerem Einkommen. Ein Abo-Modell lehnt Davie allerdings ab. Premierminister Keir Starmer nahm ebenfalls Abstand von einer möglichen Abschaffung des Beitragsmodells. Höhe und Umfang des Beitrags sollen das nächste Mal im Jahr 2027 angepasst werden.

Das Spitzengehalt bezieht nicht der Chef, sondern TV-Kommentator Gary Lineker

Neben den Geschäftszahlen werden in dem BBC-Jahresbericht auch die Ergebnisse einer Ipsos-Befragung in Großbritannien vorgestellt. Demnach nutzten 85 Prozent aller Erwachsenen mindestens einmal in der Woche Angebote der Rundfunkanstalt, damit liege die BBC vor ihrer Konkurrenz. Unterschiede machen sich allerdings in den verschiedenen Altersklassen bemerkbar. Während der Sender bei den über 35-Jährigen deutlich vorn liegt, fällt er bei den 16- bis 34-Jährigen hinter der Videoplattform Youtube zurück. Bei den unter 16-Jährigen drückt Netflix die BBC zusätzlich auf den dritten Platz. Dennoch biete die BBC nach wie vor die am meisten genutzten und vertrauenswürdigsten Nachrichtenprogramme in Großbritannien, so die Umfrageergebnisse. Insgesamt steht die Rundfunkanstalt stabil an der Spitze des britischen Medienmarkts, sowohl im Video- als auch Audiobereich.

Entsprechend hoch fallen auch einige der Moderatoren-Gehälter aus. Gary Lineker, Ex-Nationalspieler und Fußballexperte der BBC, führt die Liste der Bestverdiener mit einem Jahresgehalt von 1,35 Millionen Pfund an. Das Gehalt des Direktors Tim Davie liegt indessen bei gut 525 000 Pfund.

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