Süddeutsche Zeitung

Bayern2-Hörspiel:Was fällt der denn ein?

Das Radiostück "How dare you. Echo einer Rede" bündelt die medialen Reaktionen auf den Auftritt der Klima-Aktivistin Greta Thunberg beim UN-Klimagipfel im September. Und stellt dabei eine interessante Frage.

Von Stefan Fischer

Hat ihr eigentlich jemand zugehört? Oder hatte jeder ohnehin eine fixe Vorstellung davon, was Greta Thunberg sagen würde beim UN-Klimagipfel im September des vergangenen Jahres? Und was er von der Teenagerin zu halten hat? Die Reaktionen auf Thunbergs Auftritt jedenfalls haben ein mediales Echo erzeugt, das seinen Ursprung laut übertönt hat.

"How dare you!", hat Thunberg gesagt, was fällt Ihnen ein! So mit der ihnen übertragenen Verantwortung umzugehen. Die Angesprochenen aber haben den Spieß umgedreht: Was fällt der denn ein?

Norbert Lang hat die öffentlichen Reaktionen auf Greta Thunbergs vierminütige Ansprache gebündelt und sortiert in seinem Radiostück How dare you. Echo einer Rede, das sich an der Schnittstelle von Hörspiel, Feature und Essay entlang bewegt. Sie ist hilflos - aber auch subversiv und brutal. Thunberg wird von Politikern wie von Journalisten oft nur Greta genannt. Entweder um sie als kleines Mädchen abzustempeln oder um sich an sie ranzukumpeln. Ihr wird vorgeworfen, die Rede sei kalkuliert gewesen und nicht von einer ungefilterten Empörung befeuert. Als ob eine überlegte Dramaturgie nicht immanent wäre. Der Grad der Selbstinszenierung wird zum Maßstab für die Glaubwürdigkeit von Argumenten, die Herkunft der Rednerin fließt ein in die Bewertung ihrer Argumente. Von besonders Übelmeinenden wird Greta Thunberg als krank diffamiert.

Aber auch Wohlmeinende sprechen vor allem über die Person, nicht über deren Überzeugungen. Das hat Lang klug eingefangen. Er demonstriert in seiner Echokammer, wie Politik oftmals nur noch über Personen gedacht wird und nicht über Positionen. Und wohin uns das in unseren Diskursen führt.

How dare you. Echo einer Rede, Bayern 2, 21.05 Uhr.

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Quelle:
SZ vom 28.02.2020
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