Nachruf auf Albert Scharf:Welch kluger Mann

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Albert Scharf (1934 - 2021). (Foto: imago stock&people)

Zum Tod des ehemaligen BR-Intendanten Albert Scharf.

Von Karl Otto Saur

Auch wenn er auf eine lange Karriere beim Bayerischen Rundfunk zurückblicken konnte, war Albert Scharf ein Mann, der in der Öffentlichkeit als eher zurückhaltend galt. Aber zum Jahreswechsel 2001 zu 2002 überraschte der damalige Intendant mit einem ungewohnt persönlichen Bekenntnis ohne Scheu, sein Innenleben zu offenbaren. Seine Worte waren in allen Programmen des Bayerischen Rundfunks zu hören.

"Wir sollten uns besinnen, was unsere eigene Kultur, die des ehedem christlichen Abendlandes, wirklich ausmacht. Dies würde uns zu einer selbstsicheren, aber offenen und friedlichen Toleranz befähigen. Der 11. September 2001 zeigt, wie brüchig und zerstörbar unsere säkulare Welt ist, die Erfolg und Glück allein in Geld messe. Die Anschläge, aber auch Wirtschaftsprobleme, Naturkatastrophen, Morde und Kriege ängstigen die Menschen, viele fühlen sich bedroht und preisgegeben. Wer Gott in sein eigenes Leben zurückhole, könnte aber trotz aller Ungewissheit neue Zuversicht schöpfen."

Sein korrektes Auftreten, sein Geschick im persönlichen Umgang halfen ihm

Diese Sätze standen noch ganz unter dem Eindruck der schrecklichen Terroranschläge vom 11.September. Sie zeigten die tiefe christliche Verankerung von Albert Scharf. Sie zeigten aber auch seine Fähigkeit, in kritischen Situationen angemessen zu reagieren.

Der ausgebildete Jurist begann seine Karriere zunächst im bayerischen Finanzministerium, bevor er Juristischer Direktor beim Bayerischen Rundfunk wurde. Es war die Zeit, als die CSU große Anstrengungen unternahm, den Sender auf ihre politische Linie auszurichten. Reinhold Vöth, Scharfs Vorgänger und ehemaliger CSU-Landtagsabgeordneter, hatte sich schon für Ähnliches eingesetzt. Scharf kannte als Jurist die Mittel und die Möglichkeiten, die man dazu brauchte, um einerseits den Spielraum zu vergrößern, aber möglichst wenig Anlass zu geben, dass Rundfunkräte versuchten, ihren politischen Einfluss zu aktivieren. Sein korrektes Auftreten, sein Geschick im persönlichen Umgang halfen ihm dabei. Er wusste aber auch, wo in solchen Situationen die Grenzen sind. Und es schmerzte ihn, wenn andere das nicht erkannten. Am vergangenen Wochenende ist Albert Scharf im Alter von 86 Jahren gestorben.

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