Süddeutsche Zeitung

"Bachelor"-Adaption "UnREAL":Wenn schon fake, dann richtig

Sieht aus wie der "Bachelor", ist aber "UnREAL". Die US-Serie spielt hinter den Kulissen einer Datingshow. Nicht als Satire, sondern als Drama. Und schön übertrieben.

Von Karoline Meta Beisel

Irgendwann am Mittwochabend wird er kommen, der Moment, in dem mitten im Märchen die echte Welt sozusagen von innen an die Fernsehscheibe klopft. Am Mittwoch läuft auf RTL die letzte Folge der aktuellen, sechsten Staffel der Realityshow Der Bachelor, in der 22 Studentinnen und Kauffrauen um Blumen buhlen. Genauer: die rote Rose, die den Einzug in die nächste Runde verspricht, bis am Ende eine den Junggesellen abbekommt.

Spätestens, wenn sich Leonard, Leonie und Daniela mit dem Sahnelikör des Werbepartners zuprosten, wird der Zuschauer daran erinnert werden, dass er hier nicht einfach Leuten zusieht, die sich zufällig getroffen haben, sondern dass ein Plan dahinter steckt, und sei es der, den Werbepartner zu nennen. Dass das hier nicht Realität ist, sondern Reality. Dazu passt, dass der aktuelle "Bachelor" stets als Unternehmensberater aus Berlin beworben wird - in Wahrheit aber Versicherungsfachmann aus Spandau ist.

Reality-TV und das wahre Leben haben eben eine eher kleine Schnittmenge. Da ist es nur konsequent, dass jemand auf die Idee kommen musste, Reality-TV einfach selbst zum Gegenstand einer Show zu machen. Nicht als Satire wie bei The Office, sondern als Drama mit Tod und Liebe und allem drum und dran.

Kutsche statt Karre - wenn schon, denn schon

Die amerikanische Serie UnREAL spielt hinter den Kulissen des Bachelor, nur dass das Format dort Everlasting heißt, und die Frauen zu Beginn nicht in der Stretch-Limousine, sondern in einer Kutsche vorfahren, die von zwei Schimmeln gezogen wird. Wenn schon, denn schon.

Auch sonst ist in UnREAL alles ein bisschen drüber. Zu Beginn sieht man Redakteurin Rachel, die Hauptfigur, auf dem Boden einer Stretchlimousine zwischen den Füßen der aufgebrezelten Kandidatinnen liegen. Sie trägt ein abgegriffenes T-Shirt mit dem Aufdruck "This is what a feminist looks like", so sehen Feministinnen aus. Wie Rachel (Shiri Appleby) an diesen Job geraten ist, in dem Chefin Quinn Boni verspricht für "Nacktheit, Anrufe beim Notarzt oder Zickenkrieg", bleibt unklar - aber keiner beherrscht das Spiel besser als sie.

Rachel ist eine Manipulationskünstlerin. Das merkt man schon daran, dass sie die Kandidatinnen zwar aufs Hinterlistigste gegeneinander aufhetzt, mit Absicht in emotionale Notlagen bringt und selbst mit dem Bachelor anbandelt, dem Zuschauer aber, also dem echten, trotzdem sympathisch bleibt.

Dieser ständige Perspektivwechsel - von der Show Everlasting zu den Mitarbeitern im Regieraum, die mit ihren Neurosen selbst passable Kandidaten abgeben würden und zum Zuschauer, der am Fernseher bei alldem zusieht - macht den Reiz der Serie aus. "Wenn du den Bachelor liebst, magst du UnREAL. Wenn du den Bachelor hasst, magst du UnREAL auch", schrieb Entertainment Weekly. In den USA, wo der Bachelor mittlerweile in der zwanzigsten Staffel läuft, erscheinen bald neue Folgen; in Deutschland gibt es die Serie auf DVD. Und ab kommender Woche ist ja mittwochs wieder Zeit.

Der Bachelor, RTL, 21.15 Uhr; UnREAL, auf DVD.

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Quelle:
SZ vom 16.03.2016/cag
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