"Auto Motor Sport":Der rasende Verleger

Der ehemalige Rennfahrer und Verleger Paul Pietsch schenkte den Autofans im Wirtschaftswunder-Deutschland ihre Bibel: die Zeitschrift "Auto Motor Sport". Nun wird er 100 Jahre alt.

Roman Deininger

Der französische Presseoffizier verlachte den Bittsteller, aber er bewilligte die Bitte. Es war 1946, und dass da einer inmitten der Ruinen die Lizenz für eine deutsche Autozeitschrift beantragte, fand er grotesk. "Nie wieder", beschied der Franzose dem jungen Mann, werde es in diesem Land so viele Autos geben, dass darüber irgendwer etwas lesen wollte. Paul Pietsch freilich ließ sich nicht beirren. Wenige Monate später, im Dezember 1946, erschien die erste Ausgabe von Das Auto. Nach einer Fusion fünf Jahre später nannte er das Blatt Auto Motor Sport, und viele im deutschen Autoland hielten dieses ams bald für die Autobibel. In den achtziger Jahren wurden mehr als 520.000 Hefte verkauft. Heute sind es immerhin noch mehr als 400.000.

Verleger Paul Pietsch wird 100

Auch im hohen Alter noch ein Auto-Fan: Paul Pietsch, Verleger der Zeitschrift Auto Motor Sport.

(Foto: dpa)

Dabei hatte der junge Pietsch gar keine Verlegerlaufbahn im Sinn, als er bei dem französischen Offizier vorsprach. Wie seine Partner Ernst Troeltsch und Joseph Hummel war er Rennfahrer, und wie sie brauchte er einfach Geld zum Rennenfahren. Das hat er mit Das Auto und ams rasch verdient, aus der kleinen Redaktion in einer Freiburger Baracke ist ein Medienunternehmen von internationalem Rang geworden. Knapp 280 Millionen Euro Umsatz machte die Motorpresse Stuttgart im Jahr 2009, Gruner + Jahr hält inzwischen 59,9 Prozent der Anteile. Der Familie Pietsch gehören noch 25,1 Prozent. Paul Pietsch hatte nach dem Erfolg seiner Fachblätter schon in den fünfziger Jahren den eigenen Rennwagen stehen gelassen.

Pietsch kommt aus dem Schwarzwald, er hat Bierbrauer gelernt. Aber als sein Vater 1931 starb, kaufte er sich vom Erbe einen Bugatti. Er avancierte zu einem der besten deutschen Fahrer, er lenkte einen Silberpfeil der Auto Union und wurde 1939 in einem Maserati Dritter beim Großen Preis von Deutschland - der Nürburgring war sogar Ziel seiner Hochzeitsreise. Der Zweite Weltkrieg unterbrach seine Karriere jäh, in Frankreich wurde er schwer verwundet und geriet in Gefangenschaft. Aus dem Tagesgeschäft als Chef der Motorpresse zog er sich 1976 zurück, doch bis vor wenigen Jahren ging er fast täglich ins Büro. An diesem Montag wird Paul Pietsch, der Grandseigneur des deutschen Auto-Journalismus, 100 Jahre alt.

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