Pressefreiheit in Australien:Alle hoffen auf Albanese

Pressefreiheit in Australien: Um gegen die scharfen Mediengesetze in Australien zu protestieren, erschienen die großen Zeitungen des Landes in einer einzigartigen Aktion am 21. Oktober 2019 alle mit geschwärzten Titelseiten.

Um gegen die scharfen Mediengesetze in Australien zu protestieren, erschienen die großen Zeitungen des Landes in einer einzigartigen Aktion am 21. Oktober 2019 alle mit geschwärzten Titelseiten.

(Foto: Rick Rycroft/AP)

In Australien ist die Pressefreiheit so schlecht geschützt wie in kaum einem anderen demokratischen Land. Nun hoffen die Medien auf die neue Regierung.

Von Jan Bielicki

Die Kritik war deutlich. "Ich glaube, dass unsere Mediengesetze, viele von ihnen, drakonisch sind", sagte Anthony Albanese und sprach von den "fünf bis zehn Jahren Gefängnis dafür, dass man enthüllt, was ein Fehler der Sicherheitsbehörden sein könnte". Nur ein paar Tage zuvor hatte der damalige Oppositionsabgeordnete wie alle anderen Labor-Parlamentarier allerdings selbst einem Gesetz der national-liberalen Regierung zugestimmt, das solche Strafen für die Enthüllung von Geheimoperationen des Geheimdienstes Asio vorsah - und Journalisten nicht davon ausnahm.

Das war vor acht Jahren. Das Gesetz ist immer noch in Kraft, doch seit seinem Wahlsieg im Mai steht Albanese nun selbst an der Spitze der Regierung. Und in den Medienhäusern des Landes ist die Erwartung groß, dass der neue Premier etwas ändert an einem Gesetzeswust, der die freie Berichterstattung einschränkt wie sonst in nur wenigen anderen demokratischen Staaten. Im Index für Pressefreiheit der Organisation Reporter ohne Grenzen fiel Australien zuletzt auf Platz 39 von 180 gelisteten Ländern zurück.

Australien sei "Weltbester in der Geheimhaltungs-Olympiade", konstatierte der Rechtsprofessor George Williams. Er zählte etwa 75 Sicherheitsgesetze, die australische Regierungen seit 2001 erlassen haben - etliche davon mit gefährlichen Folgen für die Pressefreiheit.

So durchsuchten an einem frühen Junimorgen des Jahres 2019 Beamte der Bundespolizei das Haus von Annika Smethurst in Melbourne und beschlagnahmten Computer und Dokumente. Die Journalistin, die damals für die Zeitung The Sunday Telegraph arbeitete, hatte zuvor geheimdienstliche Pläne enthüllt, die Telekommunikation von Australiern abzuhören.

Andere Bundespolizisten trugen am selben Tag Kartons voller beschlagnahmter Aufzeichnungen und Festplatten aus dem Hauptquartier des öffentlich-rechtlichen Senders ABC. Hier interessierten sich die Behörden für die Enthüllungen der Journalisten Dan Oakes und Sam Clark, die schwere Kriegsverbrechen von Soldaten der australischen Eliteeinheit SAS bei deren Einsätzen in Afghanistan öffentlich gemacht hatten - mit Fakten, die sich in einer offiziellen Untersuchung der Armee als richtig herausstellten.

Anders als in Deutschland ist die Pressefreiheit in Australien nicht durch die Verfassung geschützt

Aus Protest erschienen die großen Zeitungen des Landes in einer einzigartigen Aktion am 21. Oktober 2019 alle mit geschwärzten Titelseiten. Die Ermittlungsverfahren gegen die Journalisten wurden jedoch erst ein Jahr später eingestellt.

Anders als in Deutschland oder in den USA ist die Pressefreiheit in Australien nicht durch die Verfassung geschützt. Es gibt hier lediglich eher schwache "Schild-Gesetze" in den Bundesstaaten, die Journalisten davor bewahren sollen, den Behörden ihre Quellen offenlegen zu müssen. Ein weiteres Problem für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk ist, dass die Regierung am Geldhahn drehen kann: Seit 2014 hat die national-liberale Koalition das Budget der ABC um umgerechnet 330 Millionen Euro gekürzt, Hunderte Mitarbeiter mussten gehen.

Immerhin wurde bisher noch kein australischer Journalist auf Grundlage der Sicherheitsgesetze angeklagt. Eine solche Anklage müsste der Justizminister genehmigen - und das hat angesichts des zu erwartenden Proteststurms noch keiner der Amtsinhaber gewagt. Anders sieht es für die Informanten aus: David McBride, der hochdekorierte Armeeanwalt, der als Whistleblower die Enthüllungen über die SAS-Morde in Afghanistan ermöglichte, steht seit 2018 unter Anklage, ohne dass er bisher vor Gericht kam.

Allerdings stoppte der neue Justizminister Mark Dreyfus im Juli ein besonders grotesk anmutendes Verfahren. Dem Anwalt Bernard Collaery drohte ein Geheimprozess, weil er und ein nur als "Zeuge K" bekannter Ex-Agent eine skandalöse Aktion des Geheimdienstes geleakt haben sollen: Asio hatte 2012 während Verhandlungen über die Seegrenze zu Osttimor illegal die Regierung des befreundeten Nachbarstaats verwanzt.

Aber das war bisher die einzige Aktion der neuen Regierung, die in Richtung auf einen besseren Schutz der Pressefreiheit wies. Zwar hatte ein von Labor und Grünen dominierter Senatsausschuss bereits vor einem Jahr eine grundlegende Überprüfung aller Sicherheits- und Mediengesetze gefordert. Doch bisher zeigt sich Premier Albanese sehr zurückhaltend - selbst im Fall von Australiens berühmtesten Journalisten Julian Assange: Noch als Oppositionsführer hatte er eine Petition mit dem Ziel unterzeichnet, den Wikileaks-Gründer, der in einem britischen Gefängnis gegen seine Auslieferung an die USA kämpft, "nach Hause zu holen". Als Premier sagte er dazu bisher nur, nicht allen Angelegenheiten sei "mit dem Lautsprecher gedient".

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