Nahostkonflikt:Von Tätern und Opfern

Nach Anschlag in Jerusalem

Israelische Jugendliche zünden Kerzen an der Stelle in Ost-Jerusalem an, an der ein israelischer Mann in der Jerusalemer Altstadt bei einem Schusswechsel getötet wurde, der Schütze wurde ebenfalls erschossen.

(Foto: Ariel Schalit/dpa)

Warum die Berichterstattung mancher deutscher Medien zum Attentat in Jerusalem für Ärger sorgt.

Von Moritz Baumstieger

Ein Attentäter in Jerusalem eröffnet in der Nähe des Eingangs zum Tempelberg das Feuer - und tötet dabei eine Person und verletzt vier weitere. Anschließend wird er selbst von der israelischen Polizei erschossen. Gefeiert wurde die Tat, die ein 42-jähriger Mann aus einem Flüchtlingslager im Ostteil Jerusalems am Sonntagmorgen in der Altstadt beging, von der radikalislamischen Hamas, deren Mitglied der Attentäter mutmaßlich war. Die meisten anderen Menschen reagierten eher mit Erschütterung.

Die Art, wie einige Medien in Deutschland den Anschlag zusammenfassten, erschütterte jedoch ebenfalls einige Leser. "Nahost-Konflikt: Israelische Polizei erschießt Palästinenser am Tempelberg" titelte etwa die Online-Ausgabe der Rheinischen Post. Beim ZDF lief in der Nachrichtensendung Heute Xpress der folgende Satz: "Israel: Palästinenser erschossen". Bald fanden sich im Netz nicht wenige Wortmeldungen, die sich hier über eine Täter-Opfer-Umkehr beschwerten: "So scheint Ursache und Wirkung verdreht", twitterte etwa der arabische Israeli Ahmad Mansour, der in Berlin lebt und sich dort gegen Antisemitismus und Islamismus engagiert.

Schon in der Vergangenheit wurde Medien oft vorgeworfen, durch arg verkürzende Darstellungen die Realitäten im Nahost-Konflikt zu verzerren - beispielsweise, wenn die israelische Luftwaffe auf Raketenbeschuss der Hamas antwortete, Artikel dann aber mit "Israel beschießt Gazastreifen" betitelt waren. Im Falle des Attentats von Jerusalem aber war wohl eher Gedankenlosigkeit als Polemik die Ursache. "Am Desk war zunächst die irreführende Überschrift einer Nachrichtenagentur übernommen worden", sagte Moritz Döbler der SZ, Chefredakteur der Rheinischen Post. "Sie hätte gar nicht erst bei uns erscheinen dürfen." Wenige Stunden später war der Text denn auch anders betitelt: "Tödlicher Anschlag in Jerusalem - Polizei erschießt palästinensischen Attentäter".

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