Arte-Serie:Waterloo und Scharlatane

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Heiraten oder Gouvernante werden? Olivia Cooke spielt Becky Sharp. (Foto: Arte)

Miniserie nach literarischem Vorbild: "Jahrmarkt der Eitelkeiten" erzählt von Macht und Umbruch.

Von Stefan Fischer

Dünkelhaft, bösartig und intrigant sind nicht wenige Figuren auf Downton Abbey, dem Familiensitz der Granthams. Das hat die britische Serie über die bessere britische Gesellschaft und ihre Dienerschaft genüsslich vorgeführt. Eine Person wie die alte Matilda Crawley sucht man dort aber vergeblich - so ausgesucht rücksichtslos und verletzend, wie Frances de la Tour diese Erbtante spielt, getraut sich dann doch niemand mehr zu agieren an der Schwelle zum 20. Jahrhundert.

Die britische Miniserie Jahrmarkt der Eitelkeiten nach William Makepeace Thackerays Roman Vanity Fair spielt ein Jahrhundert früher, während der napoleonischen Kriege. In der fünften der sieben Folgen wird die Schlacht um Waterloo geschlagen. Eine Zeit des massiven Umbruchs, politisch wie gesellschaftlich. Die Ordnung in Großbritannien ist noch sehr starr, Geld und Herkunft bestimmen die soziale Stellung. Wer über beides verfügt, handelt nach den Gesetzmäßigkeiten des Absolutismus. Matilda Crawley und ihr Bruder Pitt (Martin Clunes), dazu der alte John Osbourne (Robert Pugh): Die Serien-Adaption des ironischen Gesellschaftsromans, inszeniert von James Strong sowie Jonathan Entwistle und geschrieben von Gwyneth Hughes, zeigt ein paar prächtige Despoten.

Und einen alten Scharlatan: Michael Palin, berühmt geworden als Mitglied bei Monty Python und inzwischen vor allem Reisebuchautor, spielt im Serienvorspann Thackerays Alter Ego. Einen Rummelplatz-Conferencier, der mit diebischer Freude anpreist: "Eine Welt, in der jeder nach etwas strebt, das sich der Mühe jedoch nie als wert erweist." Hinter ihm ein Karussell, auf dem sich die Hauptfiguren immer nur im Kreis drehen, anstatt vom Fleck zu kommen. Hier wie auch innerhalb der Folgen kippt Ed Rutherford seine Kamera, sodass die Welt kurz kopfsteht.

Im Kern ist auf diesem Jahrmarkt der Eitelkeiten zu sehen, wie Jungen versuchen, trotz eines Lebens im Schleudergang Tritt zu fassen. Es geht auch für sie um Geld, Stellung und Einfluss. In der Art, wie opportunistisch vor allem die Waise Becky Sharpe vorgeht, steht sie der biestigen Matilda kaum nach. Nur muss sie mit Charme den Mangel handfester Machtinstrumente wettmachen. Olivia Cooke spielt sie schelmisch und flamboyant. Diese Becky ist zielstrebiger als die Männer um sie herum. Sie müsse lernen, was ihr zusteht, ätzt der Verlobte ihrer Freundin über Becky. Darin zeigt sich das Beharren auf der alten feudalen Ordnung. Doch die Zeiten der Demut sind vorbei, für Becky und viele mehr - das Pendel schwingt in die andere Richtung. Material Girl, singt Madonna am Ende der zweiten Folge. Doch es gibt niemanden, der nicht schmachvolle Niederlagen einstecken müsste.

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© SZ vom 12.12.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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