Berliner Landgericht:Eine milde Strafe

Arne Semsrott (r.), Chefredakteur des Internetportals "Frag den Staat", im Verhandlungssaal im Berliner Landgericht zu Beginn der Verhandlung. (Foto: Bernd von Jutrczenka/dpa)

Ein Journalist stellt Beschlüsse eines Gerichts ins Netz – im Wissen, dass das gegen das Gesetz ist. Er will so eine Rechtsfrage zur Pressefreiheit klären. Deshalb akzeptiert er das Urteil nicht.

Der Journalist und Transparenz-Aktivist Arne Semsrott wurde wegen der Veröffentlichung von Gerichtsdokumenten verurteilt. Das Landgericht Berlin sprach den Chefredakteur des Internetportals „Frag den Staat“ am Freitag wegen des Straftatbestands der verbotenen Mitteilungen über Gerichtsverhandlungen (§353d StGB) schuldig. Die Richter entschieden sich jedoch für eine milde Strafe: Sie verwarnten Semsrott lediglich. Das heißt, er muss eine Geldstrafe von 1000 Euro (20 Tagessätze je 50 Euro) lediglich in dem Fall zahlen, wenn er innerhalb des nächsten Jahres erneut straffällig wird.

Die Staatsanwaltschaft hatte eine Geldstrafe von 2000 Euro (40 Tagessätze je 50 Euro) beantragt. Die Verteidigung hatte auf Freispruch plädiert. Sie hatte zuvor beantragt, das Verfahren auszusetzen und das Bundesverfassungsgericht um Prüfung zu bitten. Dem folgte das Gericht nicht.

Semsrott hatte im Prozess eingeräumt, drei Beschlüsse des Amtsgerichts München ins Netz gestellt zu haben zu einem laufenden Ermittlungsverfahren gegen die Klimagruppe „Letzte Generation“ – im Wissen, dass dies laut Gesetz verboten ist. Als Grund nannte der 36-Jährige, es gehe ihm um die Klärung einer grundsätzlichen Rechtsfrage. Deshalb hatte er auch einer Einstellung des Verfahrens wegen geringer Schuld nicht zugestimmt.

Das Urteil ist nicht rechtskräftig. Semsrott kündigte an, Revision beim Bundesgerichtshof einzulegen und notfalls bis vor das Bundesverfassungsgericht und den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte zu ziehen. „Es darf nicht sein, dass faktenbasierter Journalismus kriminalisiert wird“, betonte er. „Das Strafgesetzbuch wird so zu einer Gefahr für die Pressefreiheit.“

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Der Transparenz-Aktivist Arne Semsrott steht vor Gericht, weil er Dokumente aus einem laufenden Ermittlungsverfahren publiziert hat. Er hat es auf den Prozess angelegt.

Von Sebastian Erb

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