Tour de France 2012 nicht mehr live:Radsport im Rückspiegel

Ab 2012 zeigen ARD und ZDF nur noch Höhepunkte der Tour de France - und begründen das mit der Quote.

Christopher Keil

Viele Jahre war die Tour de France im Programm-Angebot von ARD und ZDF eine dreiwöchige Live-Reise durch Frankreich. Nachmittags steuerten die Radprofis durch Felder, Täler, Dörfer, über Spitz, Stein und vor allem Berge.

ARD/ZDF: Keine Live-Bilder von Tour de France 2012

Das Image der Tour de France leidet unter Doping-Skandalen - deswegen wird die Live-Übertragung des Events für Sender unattraktiv.

(Foto: dpa)

Und die Kommentatoren informierten nicht nur über den aktuellen Stand des Rennverlaufs, sondern referierten kulinarische und historische Besonderheiten der Regionen, durch die sich das Feld schob. Wenn deutsche Teilnehmer aussichtsreich lagen, hörte man oft pathetisch vorgetragene Heldengeschichten und bekam erstaunliche Leistungsanalysen.

Dass Geschwindigkeit und Ausdauer der Spitzenathleten am Lenker nicht nur auf die Kraft der Nudel und ein anspruchsvolles Training zurückzuführen waren, weiß man. Seit 1998 ist nahezu jeder Toursieger des Dopings verdächtigt oder überführt worden.

2010 wies man dem Spanier Alberto Contador die Wettkampfmanipulation nach. Wenige Wochen vorher hatte er sich am Finaltag auf den Champs Élysées feiern lassen. Der Radsport hat ein unbewältigtes Dopingproblem - auf Deutschland bezogen mit Folgen.

An diesem Mittwoch bestätigten ARD und ZDF, dass sie von 2012 an keine Live-Bilder mehr vom Tour-Veranstalter Aso erwerben werden. Das Ereignis finde beim Publikum "nur noch geringe Akzeptanz, die lange Live-Strecken nicht mehr rechtfertigt", heißt es in einer Erklärung.

ARD und ZDF sparen und warten ab

Eine Highlight-Berichterstattung soll es weiter geben: in den "Sportregelsendungen" von ARD und ZDF. 2011 werden das Erste und Zweite die Tour de France (2. - 24. Juli) noch einmal im Wechsel zwischen 16.15 Uhr und 18 Uhr zum Teil live übertragen.

"Im Fokus" der Berichterstattung, heißt es ausdrücklich, stehe weiter "das Thema Doping". Die ARD kann sich zugute halten, dass auch Recherchen ihrer Reporter im vergangenen Herbst zur Bekanntgabe des Positiv-Testes von Contador führten.

In Köln werden die ARD-Intendanten in der kommenden Woche bei ihrer Sitzung über das Thema Tour de France sprechen, denn Fragen bleiben: Wie wollen ARD und ZDF verfahren, wenn in anderen Sportarten systemisch und beweisbar gedopt wird, die sie live zeigen?

WDR-Chefin Monika Piel, die gerade den ARD-Vorsitz hat, kritisierte intern schon länger, dass ein offensichtlicher Betrug am Sport wie bei der Tour nicht mit Gebührengeld unterstützt werden dürfe.

Mit einer anderen offiziellen Begründung als der Quote hätte der Tour-Ausstieg eine grundsätzliche Haltung vermittelt, eine, die verpflichtet. So sparen ARD und ZDF künftig drei Millionen Euro und warten offenbar ab.

Er hoffe, sagte ARD-Programmdirektor Volker Herres diplomatisch, "dass es das legendäre Radrennen schafft, auch für den deutschen Fernsehzuschauer wieder zu seiner sportlichen Attraktivität zurückzufinden."

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