Süddeutsche Zeitung

ARD-Talkshow im Ersten:Beckmann hört auf

Zu viele, zu soft, zu ähnlich: Schon lange diskutieren die ARD-Gremien über ihre Talkshows. Besonders die Zukunft von Reinhold Beckmann steht dabei in Frage. Nun kommt der Moderator allen Spekulationen zuvor - und verkündet das Aus seiner Sendung.

Von Carolin Gasteiger

In der letzten Sendung vor der Sommerpause war Helmut Schmidt zu Gast. Zusammen mit dem Sinologie-Professor Yu-Chien Kuan erklärte der Altkanzler bei Reinhold Beckmann China als Weltmacht der Zukunft und wurde vom Moderator mit gewohnter Demut hofiert.

Das ist Beckmanns Stil. Seine Sendung im Ersten steht für den sensiblen Hintergrund-Talk, wobei es der Gastgeber mit dem einfühlsamen Nachfragen bisweilen übertrieb. Aber Beckmann ist eben nicht beißend scharf wie Plasberg, nicht politisch wie Anne Will, aber auch nicht so boulevardesk wie Menschen bei Maischberger.

In der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung verkündete Reinhold Beckmann nun seinen Entschluss, Ende nächsten Jahres mit seiner Talkshow aufzuhören. Nach fünfzehn Jahren. "Ich bin der Debatten über Sinn oder Unsinn der politischen Talkshows in der ARD einfach müde", sagte der 57-Jährige dem Blatt. Vor drei Wochen habe er NDR-Intendant Lutz Marmor und Programmdirektor Frank Beckmann seine Entscheidung mitgeteilt. Marmor sagte am Sonntag zu Beckmanns Entscheidung: "Ich verstehe und respektiere die Entscheidung von Reinhold Beckmann. Es ist völlig nachvollziehbar, dass er nach fünfzehn Jahren etwas Neues für uns machen möchte, zumal er die ständigen Diskussionen über die Talkshows ermüdend findet. Dieses Gefühl teile ich." Zunächst sei er Beckmann zufolge erschrocken, dann aber erleichtert gewesen.

Der Moderator offenbar auch: "Vielleicht beendet ja mein Entschluss die ständige Auseinandersetzung zwischen den Sendern über zu viel Gerede", so Beckmann. Er wolle nicht Gegenstand eines senderpolitischen Ablass- oder Kuhhandels werden.

Seit Günther Jauch im Herbst 2011 mit seiner eigenen Show am Sonntagabend im Ersten startete, wurde die ARD-Talkschiene komplett umgebaut: Montagabend Frank Plasberg, Dienstagabend Sandra Maischberger, Mittwochs Anne Will und zum Schluss Reinhold Beckmann am Donnerstagabend. Mit der Verlegung von Montagabend ans Ende der Woche büßte er am meisten an Quote ein - und galt deshalb schon seit längerem als Abschusskandidat.

Denn die ARD-Gremien diskutieren schon seit längerem, ihre Talkshows umzustrukturieren und mindestens eine Sendung abzusetzen. Bislang blieb es jedoch stets bei Spekulationen, konkrete Änderungen erfolgten nie.

Am Montag sollen die Intendanten der ARD-Sender laut Spiegel über ein neues Talkshow-Konzept beraten. Auch das Aus von Beckmann dürfte dann ein Thema sein. Aus dem Fernsehen verschwinden dürfte er jedoch nicht: Laut FAS bleibe Reinhold Beckmann der ARD und dem NDR als Moderator und Produzent erhalten. ARD-Programmdirektor Volker Herres sagte über den Moderator: "Er bleibt ein prägendes Gesicht des Ersten, im Sport sowieso, aber auch weit darüber hinaus."

Beckmann sagte in dem Interview außerdem, er habe den Eindruck, mit seinem Entschluss "ein ARD-internes Gerangel um zu viel Talk im Ersten" gelöst zu haben. Das wiederum klingt arg hochtrabend. Aber es ist zumindest ein Anfang.

Bestens informiert mit SZ Plus – 4 Wochen kostenlos zur Probe lesen. Jetzt bestellen unter: www.sz.de/szplus-testen

URL:
www.sz.de/1.1681128
Copyright:
Süddeutsche Zeitung Digitale Medien GmbH / Süddeutsche Zeitung GmbH
Quelle:
Süddeutsche.de/dpa/cag/woja
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über Süddeutsche Zeitung Content. Bitte senden Sie Ihre Nutzungsanfrage an syndication@sueddeutsche.de.