Sechsundzwanzig Tote hat es in den Tatort-Episoden mit Til Schweiger bislang gegeben, sieben in der ersten und neunzehn in der zweiten, man weiß das, weil Menschen diese Toten mitzählen und ihre Ergebnisse dann in die Ewigkeit des Internets notieren. Sechsundzwanzig Tote, nur Firat Astan ist immer noch am Leben.
Firat Astan ist ein schrecklicher Krimineller, ein Menschen-, Drogen- und Waffenhändler, und seinetwegen wirkt Hamburg in diesen Tatort-Episoden immer ein wenig so, als hätte sich die Stadt an der Elbe in einen südamerikanischen Bandenkrieg verirrt. Es wird im Akkord mit sehr, sehr großen Waffen gemordet, das korrupte Senatsmitglied zieht das Koks von seinem Vollholzschreibtisch, und der letzte Aufrechte, also Nick Tschiller vom LKA, taumelt mit blutigem Gesicht durch diese Stadt, von der er selbst nicht glaubt, sie noch retten zu können.
In der dritten Episode dieser Schweiger-Saga (auf vier Folgen ist sie angelegt) wird das Duell zwischen Gut und Böse, zwischen Tschiller und Astan, endgültig persönlich. Der Clan-Chef soll aus dem Hamburger Knast nach Bayern verlegt werden und lässt Tschillers Ex-Frau und ihre gemeinsame Tochter als Geiseln nehmen. Tschiller, den Regisseur Christian Alvart bisher ohnehin eher als melancholischen Rambo angelegt hat, macht daraufhin endgültig auf One Man Army - was Alvart wieder entsprechend in Szene setzt.
Schweiger ist sein eigener Gaststar
Wenn Tschiller Angst hat, sinkt Til Schweiger schreiend in den Hamburger Sand; wenn Tschiller duscht, perlt das Wasser in spärlichem Licht von Schweigers Körper ab. Und wenn jemand verletzt wird, trägt Nick Tschiller ihn zu Fuß, in seinen Armen (und in Slow Mo) direkt in die Notaufnahme. Man braucht eine gewisse Offenheit für die große Geste, um das nicht alles ein wenig albern zu finden.
Der NDR hat den neuen Schweiger-Fall wieder einmal als großes TV-Event beworben, zum einen, weil zwei Folgen hintereinander laufen, die zweite am kommenden Sonntag. Aber auch, weil ein Gaststar verpflichtet wurde, was insofern erstaunt, als Schweiger ja eigentlich selbst sein eigener Gaststar ist.
Helene Fischer, geboren in Sibirien, spielt keinen Schlagerstar wie einst Roland Kaiser bei den Ermittlern in Münster. Sie spielt Leila, eine russische Killerin. Klingt schön gaga, tatsächlich aber ist es einfach so: Schauspielerisch hat Helene Fischer in der Rolle ein paar ordentliche Momente und am Ende einen sehr schrecklichen. Meistens aber scheint der Regisseur sie angewiesen zu haben, möglichst gar keine Miene zu verziehen; das, andererseits, tut Til Schweiger ja auch nur selten.
Und eins noch für die Ewigkeit, nach eigener Zählung: zwölf Tote, solides Hamburger Mittelfeld.
ARD, Neujahr, 20.15 Uhr.