Süddeutsche Zeitung

ARD-Krimi:Kommen Sie schon, Murot, sterben Sie!

In "Es lebe der Tod" trifft Felix Murot auf einen Serienmörder. Und sein nächstes Opfer hat der Parade-Psychopath schon im Visier. Die Nachlese.

Kolumne von Carolin Gasteiger

Erkenntnis:

Es lebe der Tod. Der Titel wird in diesem Fall ernst und fast wörtlich genommen. Wo hört Sterbehilfe auf, wo fängt Mord an? Ist der Tod wirklich so schlimm? Wie scharf sind Gut und Böse zu trennen? Zu den verwirrten Seelen, die sich diese Fragen stellen, gehört vor allem Kommissar Felix Murot selbst.

Was passiert?

Murot und sein Team suchen nach einem Serienmörder, der bereits fünf Menschen umgebracht hat, immer auf dieselbe Weise. Er betäubte sie, legte sie in die Badewanne, schnitt ihnen die Pulsadern auf. Um ihn aus der Reserve zu locken, stellen die Ermittler so eine Tat nach, setzen einige Details aber bewusst falsch in Szene. Der Apotheker Arthur Steinmetz wagt sich daraufhin tatsächlich aus der Deckung. Er spielt mit Murot und seiner Assistentin Magda Wächter ein perfides Spiel - und offenbart schließlich, auf wen er es eigentlich abgesehen hat.

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Präzise gezeichnete Figuren, feine Dialoge und Hitchcock-hafte Bilder, die den Tod selten ästhetisch erscheinen lassen Und dann dieser wunderschöne Song von Nina Simone und dieser von Sufjan Stevens. Es ist einfach ein weiterer grandioser Murot-Tatort.

.. nach einem Flop sucht man vergeblich.

Höchstens, dass der rätselhafte und entrückte Murot tatsächlich Familie hatte. Wenn auch mit tragischer Geschichte.

Bezeichnender Dialog:

Murot sucht Wächters Tochter, der die Ermittler per Videoschalte beim Ertrinken zusehen können. Sie liegt gefesselt und geknebelt in einer Badewanne, das Wasser läuft. Murot kämpft gegen die Zeit, als ihm Steinmetz intimste Details seines Seelenlebens vor Augen führt.

Murot: Die Dinge haben sich geändert, Herr Steinmetz. Ich bin nicht mehr krank. Ich bin geheilt. Sie brauchen mir nicht mehr zu helfen. Also jetzt zur Sache: Wo ist die Frau?

Steinmetz: Soll das heißen, Sie genießen Ihr Leben jetzt, seit der Tumor weg ist? Nein.

Murot: Wo haben Sie sie versteckt?

Steinmetz: Immer noch alles öd und leer. Außer Sie arbeiten, das lenkt ab. Aber wenn ein Fall gelöst ist, dann kommt wieder diese Traurigkeit. Wissen Sie noch, wie Ihnen klar wurde, dass die Traurigkeit eine Krankheit ist? Und wo diese Krankheit herkommt und wo sie hinführt?

Murot: Sagen Sie einfach, was Sie wollen, dann bringen wir das hier zu Ende.

Dann erzählt Steinmetz die Kindheitsgeschichte Murots.

Steinmetz: Aber die Wahrheit lässt sich nicht ignorieren. Es wird schlimmer. Traurigkeit macht einsam. Und die Einsamkeit macht traurig. Jeden Tag wird es bei Ihnen schlimmer. Wenn Sie sich morgens zur Arbeit quälen und allen Kollegen vorspielen, dass es Ihnen so gut geht. Aber selbst das ist nichts im Vergleich zu dem, wenn Sie abends allein zu Hause sind. Und in diesen Augenblicken verstehen Sie, warum Ihr Vater es getan hat. Und Sie fragen sich, warum soll ich denn weiterleben, wenn wir eh alle sterben müssen? Aber aleine schaffen Sie es nicht. Jeden Tag geht alles wieder von vorne los.

Murot: Seien Sie still.

Steinmetz: Lassen Sie mich Ihnen doch helfen. Es wird würdevoll. Genau, wie Sie wünschen.

Murot: Seien Sie endlich still!

Steinmetz: Sie retten dadurch das Mädchen. Und Ihr Leben wird endlich einen Sinn gehabt haben.

Murot, richtet die Waffe auf Steinmetz und schreit: Halten Sie endlich Ihren Mund!

Beste Szene:

Murot sitzt im Unterhemd in einer Badewanne und stellt das Wasser ab. Schwenk auf das Rasiermesser am Wannenrand. "Tun Sie es Murot!", fleht Steinmetz vom Bett herüber. Und der Kommissar tut, wie ihm aufgetragen - bis sich das Badewasser langsam rot verfärbt.

Bester Auftritt:

Jens Harzer brilliert als unberechenbarer, aber hoch intelligenter Apotheker. Der 44-Jährige braucht dazu weder viel Mimik noch laute Töne. Im Gegenteil: Manche Bedrohung scheint er gar herauszupiepsen und wirkt dadurch eher wie der Deutschlehrer von nebenan als ein skrupelloser Serienmörder. Anders gesagt: ein Parade-Psychopath!

Schlusspointe:

Murot steht auf einer Wiese an einem Baum, fährt mit den Fingern über dessen Rinde und blickt nach oben. Cut. Wächter und ihre Tochter sitzen in einem Café, Murot steht am Eingang und hängt seinen Mantel auf. Seine Handgelenke sind bandagiert. Ein sehnsuchtsvoller Blick - er lächelt.

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