ARD-Film "Wer aufgibt ist tot":Und täglich grüßt der Tod

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Paul Lohmann ist nach einem Autounfall in einer Zwischenwelt gefangen. (Foto: dpa)

Was wäre, wenn man noch einmal die Zeit zurückdrehen könnte? Der Film "Wer aufgibt ist tot" setzt sich nicht nur mit dieser Frage auseinander.

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Paul Lohmann steht in einem Tunnel und sieht auf sich selbst herunter. Da liegt er auf der Straße, er wurde aus seinem Wagen geschleudert, aus seiner Nase läuft Blut. Lohmann hatte einen Unfall, sieht nun aber einem Notarzt dabei zu, wie er sich um den Schwerverletzten kümmert. Um sich selbst. Paul Lohmann ist in einer Zwischenwelt gelandet, in der er versuchen will, alles besser zu machen.

Was wäre, wenn man noch einmal die Zeit zurückdrehen und Dinge ungeschehen machte könnte? Könnte man vielleicht sogar dem Tod entkommen? Um diese Fragen geht es im ARD-Film Wer aufgibt ist tot. Als am Krankenbett des hirntoten Lohmann entschieden werden soll, ob er als Organspender in Frage kommt, beschließt er: "Ich geb' nicht auf, hab' ich noch nie. Und jetzt erst recht nicht." Schließlich gilt es nicht nur zu überleben, sondern darum, die Erinnerung an den (fast) Toten ein wenig aufzubessern. Immer wieder durchlebt er seinen Todestag, den 9. Oktober, und arbeitet sein verkorkstes Leben auf. Mit jedem Versuch bricht er aus gewohnten Verhaltensmustern aus.

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Eigentlich geht es Lohmann gut, er lebt mit Frau und Tochter in Heilbronn und verkauft als Außendienstmitarbeiter Spiegel, fährt ein schickes Auto und interessiert sich für Tauben. Aber so ganz glücklich ist er eben doch nicht. Das offenbart ihm aber erst der Autounfall und Angie, die Lohmann als Tramperin mitnimmt, die aber eigentlich sein Schutzengel ist.

Bjarne Mädel gelingt der Spagat zwischen witzigen und dramatischen Szenen

Die Rolle des erfolglosen Außendienstmitarbeiters Paul Lohmann passt perfekt zu Bjarne Mädel, den man von Stromberg, als Tatortreiniger und aus dem Kino-Drama 24 Wochen kennt: Ihm gelingt der Spagat zwischen den eher witzigen Szenen als chaotischer, aber dennoch liebenswerter Familienvater und den dramatischen Parts, in denen er verzweifelt versucht, wieder Ordnung in sein Leben zu bringen.

Hinter der schicken Fassade lauern unverarbeitete Probleme. Nach dem tragischen Unfalltod der kleinen Tochter vor vielen Jahren ist die Ehe der Lohmanns am Ende; Edith macht Paul den Vorwurf, er würde sich der Trauer nicht stellen, der wiederum versucht, das Unglück, für das er sich verantwortlich fühlt, mit Alkohol und Affären zu verarbeiten. "Wie oft hast du für deine Tochter geweint?", fragt Lohmanns Frau einmal. "Wenn noch irgendwas zwischen uns wäre wie Liebe oder Zuneigung, Paul, dann würdest du den Schmerz mit mir teilen, dann würdest du das mitteilen." Die Szene zeigt, was sich Edith und Paul Lohmann viel zu spät eingestehen.

Dessen allmählicher Wandel ist zwar charmant inszeniert, dennoch driftet der Film zu oft ins Klamaukhafte ab, wenn zum Beispiel Angie, gespielt von Friederike Kempter, das Geschehen im Krankenhaus bissig-ironisch kommentiert. Wie sie versucht, den hadernden Lohmann auf den richtigen Weg zu weisen - das hätte es nicht gebraucht, um dem Zuschauer zu zeigen, worum es wirklich in diesem Film geht: Woran kann eine Familie zerbrechen? Was passiert, wenn sich ein Paar nach einem Schicksalsschlag mehr und mehr auseinanderlebt?

Und so landet auch der Zuschauer in einer Art Zwischenwelt: Unschlüssig, ob er angesichts der gewollt sarkastischen Szenen nun lachen oder weinen soll. Bjarne Mädel gelingt zumindest beides.

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Wer aufgibt ist tot, ARD, 20.15 Uhr.

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