ARD-Fernsehen:"Beckmanns Sportschule" - eine Sendung wie ein Fiebertraum

Reinhold Beckmann

Norddeutsche Prärie, Waschküche, Leichenwagen: Sportlehrer Beckmann.

(Foto: WDR/Paul Ripke)

Zusammen mit dem künftigen Wrestler Tim Wiese und dem Bestatter Nico Patschinski beerdigt Reinhold Beckmann den letzten Rest öffentlich-rechtlicher Selbstachtung.

TV-Kritik von Peter Burghardt

Am Anfang dachte der bestürzte Betrachter, er sei vielleicht nach einem aufregenden Abend dieser Fußball-EM vor dem Fernseher eingeschlafen und träume nun bleischweren Unfug. Die ARD-Sendung Beckmanns Sportschule wirkt wie ein Fiebertraum, in dem ein Moderator und andere Menschen in einem Trainingsquartier sonderbare Dinge tun. Eine andere Hoffnung war in einem der zahlreichen Tweets zu diesem Nonsens zu lesen: "Es ist einfach überragend, wie Olli Dittrich diese ganzen Rollen mit Leben füllt."

Leider steht aber zu befürchten, dass es tatsächlich Reinhold Beckmann, Tim Wiese und Nico Patschinski sind, die da zur Geisterstunde nach EM-Spielen im Ersten vier Wochen lang durch das einstige DFB-Trainingscamp Malente irrlichtern. Das Programm hat bereits nach drei Folgen ein Fremdschämen der dritten Art erreicht - verglichen damit war Waldemar Hartmanns WM-Club eine Tagung von Sportphilosophen.

Den Herbergsvater gibt wie im richtigen Leben der arme Seeler

Beckmann veranstaltet in seinem Retro-Treff nun eine Art Mischung aus Big Brother und Dschungelcamp. Das beginnt jedes Mal mit einer abstrusen Sternfahrt durch die norddeutsche Prärie und führt nachher in Umkleidekabine oder Waschküche. Der frühere Torwart und künftige Wrestler Wiese fährt dabei als Türsteher mit seinem Monster-Lamborghini vor, stemmt Hanteln auf seinem Einzelbett oder sitzt im Bademantel in der Sauna. Der ehemalige Stürmer und heutige Bestatter Patschinski packt unter anderem ein oranges Shirt der EM-absenten Holländer in seinen Leichenwagen und beerdigt als qualmender Totengräber die letzten Reste öffentlich-rechtlicher Selbstachtung.

Zwischen den bizarren Sketchen analysiert ein Gast wie Christoph Daum stechenden Blickes die Lage. Oder der vormalige Verteidiger Jens Nowotny verrät, dass er den linken Schuh vor dem rechten Schuh zuband. Ansonsten wird gelegentlich Bier getrunken, und Beckmann sieht nach, was "unsere etwas durchgeknallte Männer-WG" so treibt. Den Herbergsvater gibt wie im richtigen Leben der arme Seeler ("Moin, moin in meiner Sportschule").

"Thomas, du fragst dich sicher, was wir hier machen", ahnte Beckmann schon in Ausgabe eins am Sonntag, als der einstige Weltmeister Thomas Berthold auf der Couch saß. "Reinhold, das frag' ich mich wirklich", bestätigte Berthold, die meisten Zuschauer fragen sich das nach wie vor. Die "schlechteste Fußballsendung aller Zeiten", erkannte inzwischen eine Stimme aus dem Off, der Titel ist der Runde kaum mehr zu nehmen.

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