US-Presse:Auftrag zum Angriff

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Seit 2017 leitete Sally Buzbee die Nachrichtenagentur Associated Press mit 2800 Mitarbeitern, auf dem Bild feiert sie mit der Redaktion einen Pulitzer-Preis. (Foto: Seth Wenig/AP)

Sally Buzbee wird neue Chefredakteurin der "Washington Post", die zunehmend mit der "New York Times" um die Führung auf dem Zeitungsmarkt rivalisiert.

Von Alan Cassidy

Als Anfang der Woche die Nachricht von ihrer Ernennung bekannt wurde, da gab es selbst unter amerikanischen Medienschaffenden viele, die sich fragten: Wer? Sally Buzbee ist keine der Journalistinnen, die ständig in den Studios der großen Kabelsender oder in den sozialen Medien ihre Meinung von sich gibt. Bei Twitter, wo sie ein eher karges Konto unterhält, meldete Buzbee nicht einmal ihren eigenen, durchaus beachtlichen Wechsel. So wenig Selbstinszenierung ist in der Medienbranche selten, besonders in den USA.

Sally Buzbee wird ab Juni neue Chefredakteurin der Washington Post. Sie löst dort Marty Baron ab, der kürzlich in den Ruhestand ging. In der Redaktion hatten viele auf einen internen Nachfolger spekuliert, doch mit Buzbee entschied sich der Eigentümer Jeff Bezos für eine externe Besetzung. Bisher stand die 55-Jährige an der Spitze der Nachrichtenagentur Associated Press. Sie fing dort 1988 als Reporterin an, arbeitete während des Irak-Kriegs als Chefin des Nahost-Büros in Kairo und führte später die Politikredaktion in Washington. Seit 2017 war sie für die gesamte AP-Redaktion mit ihren 2800 Journalisten zuständig.

Die Zeitung prosperiert - auch dank des Geldes, das Eigentümer Jeff Bezos hineinsteckt

Die Washington Post hatte in ihrer 143-jährigen Geschichte schon eine legendäre Verlegerin, Katharine Graham. Aber noch nie zuvor stand eine Frau an der Spitze der Redaktion.

Buzbee tritt bei der Post die Nachfolge eines erfolgreichen Vorgängers an. Marty Baron war es gelungen, die Zeitung nach einem jahrelangen Abwärtstrend neu zu beleben - mit Wachstum im digitalen Bereich. Die Post hat heute drei Millionen digitale Abonnenten und ist damit zur Nummer zwei auf dem US-Zeitungsmarkt aufgestiegen, hinter der New York Times. Dabei ist die Redaktion um fast das Doppelte gewachsen und zählt inzwischen 1000 Journalisten. Unter Baron schärfte die Zeitung auch ihr publizistisches Profil. Mit der New York Times lieferte sie sich in den vergangenen Jahren einen fieberhaften Wettkampf um Pulitzer-Preise.

Möglich wurde all dies dank der finanziellen Mittel, die Amazon-Gründer Jeff Bezos in die Zeitung steckt, seit er sie vor acht Jahren mit seinem Privatvermögen übernahm. Sally Buzbees wichtigste Aufgabe sei nun, Bezos zu überzeugen, den Geldbeutel noch weiter zu öffnen, schrieb der Medienkolumnist Jack Shafer im Onlinemagazin Politico: Wenn sich der reichste Mann der Welt eine Superyacht für 500 Millionen Dollar leisten könne, könne er wohl auch noch ein paar zusätzliche Millionen für weitere Journalisten lockermachen. Diese werde es brauchen, wenn die Post die Times als führende Medienmarke ablösen wolle.

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