Hörspiel "Algor Mortis":Hirn auf Eis

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Illustration: Stefan Dimitrov (Foto: SZ)

Und wenn es den Kopf kostet: eine Hörspiel-Komödie über die Gier nach dem ewigen Leben.

Von Stefan Fischer

Es gibt Berufe, in denen Fehler besonders fatal sind. Chirurg etwa oder Fußball-Nationaltorwart. Extrem unschön ist es auch, wenn die Dinge in einem Bestattungsunternehmen aus dem Ruder laufen, weil es dann sehr schnell sehr pietätlos wird. Vor einem solchen Problem steht Marieke, Angestellte bei einem Betrieb namens Hibernatus, in Nina Meyers und Felix Engstfelds Hörspiel Algor Mortis. Hirnfrost.

Nun tun die Verantwortlichen bei Hibernatus zwar nahezu alles, damit die Firma genau nicht als Bestattungsunternehmen erscheint. Sondern machen sich zunutze, dass es eine Klientel gibt, die fest an ein Leben nach dem Tod glaubt. Nicht in einem metaphysischen Sinn, sondern rational-biologisch. Sie sehen in der Kryonik, also dem Konservieren von Körpern bei Tiefsttemperaturen, eine Möglichkeit, diese Körper in einer in welcher zeitlichen Ferne auch immer liegenden Zukunft wiedererwecken zu können.

Die Mindestvoraussetzung dafür ist freilich, dass ein Körper so weit wie möglich intakt bleibt. Marieke hat jedoch den Vertrag mit Udo Wütrich schlampig gelesen und deshalb nur dessen Kopf kryoniert. Nun steht dessen Familie auf der Matte - die Witwe Isolde, die erwachsenen Kinder Alex und Xander sowie der 14-jährige Nachzügler Urmel. Sie sind wie zu erwarten extrem aufgebracht, denn erstens, so die Wütrichs, ginge es ums Prinzip und zweitens auch um Udo, denn welche Zukunft habe bitteschön ein Kopf ohne Körper.

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Außerdem glauben die Wütrichs ja nicht, dass das Familienoberhaupt, von dem jetzt tatsächlich nur noch das Oberhaupt existiert, tatsächlich tot ist, insofern bezichtigen sie Marieke des Mordes. Und so nimmt in dieser Hörspiel-Komödie eine wilde Dialogschlacht Fahrt auf, die auf zwei Ebenen ausgefochten wird. Zum einen geht es im Kleinen dieser morbiden Posse um das große Feld der grassierenden Wissenschaftsfeindlichkeit, um das Leugnen von Fakten, sobald sie nicht ins eigene Weltbild passen.

Zum anderen zerlegt sich in Algor Mortis eine Familie in ihre Einzelteile. Denn ihre Mitglieder stehen einander in herzlicher Feindschaft gegenüber und sehen jetzt den Moment gekommen, die vielen offenen Rechnungen zu begleichen. Was Marieke geschickt nutzt, um die Verantwortung für ihren Fehler perfide abzuwälzen auf die Angehörigen. Mit denen sie immerhin eines gemeinsam hat: Anstand ist für niemanden in dieser Komödie eine maßgebliche Kategorie des Handels.

Algor Mortis. Hirnfrost , WDR 5, 10. September 2023, 17.04 Uhr.

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