Ärger bei Deutschlandradio Kultur:Bitte löschen

"Außerordentlich starker Tobak" oder regelrechte "Schmähung"? Bei Deutschlandradio Kultur hat ein Mitarbeiter den Wehrbeauftragten des Bundestags Königshaus scharf kritisiert. Dieser sah sich verunglimpft. Dann verschwand der Kommentar aus dem Internet.

Peter Blechschmidt

Der Intendant des Deutschlandradios, Willi Steul, hat ein Problem. Er soll erklären, warum ein gesendeter Kommentar, der zwar, so Steul, "außerordentlich starker Tobak", aber "von der Meinungsfreiheit gedeckt" war, gleichwohl aus dem Internetangebot des Senders getilgt wurde.

Königshaus, Wehrbeauftragter des Bundestags

Der Wehrbeauftragte des Bundestags, Hellmut Königshaus (FDP), im Mai 2010 in Berlin.

(Foto: dpa)

Der Reihe nach. Am Abend des 20. Juli verbreitete Deutschlandradio Kultur einen Kommentar des freien Mitarbeiters Klaus Pokatzky, in dem der Wehrbeauftragte des Bundestags, Hellmut Königshaus, zugegebenermaßen harsch kritisiert wurde. Anlass war eine Äußerung von Königshaus zu dem am selben Tag abgehaltenen öffentlichen Gelöbnis von Bundeswehr-Rekruten auf dem Gelände des Verteidigungsministeriums in Berlin, des sogenannten Bendler-Blocks. Königshaus hatte erklärt, er hätte das Gelöbnis lieber vor dem Reichstag gesehen, denn die Bundeswehr sei schließlich "eine Parlamentsarmee und kein Ministerialheer".

Pokatzky fand das ärgerlich, zumal da Königshaus wissen musste, dass Verteidigungsministerium und Bundestagspräsident Norbert Lammert verabredet hatten, das Gelöbnis im jährlichen Wechsel vor Bendler-Block und Reichstag zu zelebrieren. Das Wort vom Ministerialheer sei eine Beleidigung der Bundeswehr-Freiwilligen und eine Verhöhnung des Widerstands gegen Hitler, an den mit einer Gedenkstätte im Bendler-Block erinnert wird, wetterte Pokatzky. Und überhaupt sei Königshaus ein Wehrbeauftragter, "der vor allem sich selber sehr wichtig nimmt". "Früher gab es mal Wehrbeauftragte. Heute gibt es einen Ego-Beauftragten."

(Anmerkung der Redaktion: Zur Löschung)

Das wiederum brachte Königshaus auf die Palme. Er sehe sich durch Pokatzkys "Schmähungen" persönlich verunglimpft, und er erwarte, dass der Beitrag "schnellstmöglich" aus dem Internet-Angebot des Senders entfernt werde, schrieb Königshaus an den Journalisten - mit Kopie des vierseitigen Briefes an Intendant, Hörfunkrat und Chefredakteur.

Intendant Steul schrieb zurück, er hätte den Kommentar so nicht formuliert. Aber der Text sei nicht ehrverletzend, "auch wenn er sicherlich hart an die Grenze geht". Dass der Beitrag mittlerweile im Internet gelöscht war, erwähnte Steul nicht. Auf Nachfrage der SZ erklärte Steul nun am Freitag: "Ein nicht stringent argumentierter Kommentar, obwohl der Meinungsbeitrag große Freiheit gestattet, sollte im Deutschlandradio weder gesendet noch im Internet veröffentlicht werden. Dass der kritisierte Wehrbeauftragte sich beschwert, hat die Entscheidung des Chefredakteurs (Anmerkung der Redaktion: Zur Löschung) nicht beeinflusst."

Ein bisschen peinlich ist der Vorgang dem Sender dennoch. Aber auch Königshaus hat sich keinen Gefallen getan. Man kann ihm wahrlich nicht absprechen, dass es ihm um das Wohl der Soldaten geht. Mit seiner allzu ehrpusseligen Reaktion, über die am Freitag in großer Aufmachung die Bild-Zeitung berichtete, hat er nur bewirkt, dass die längst versendete Schmähkritik an ihm nun einem Millionenpublikum bekannt ist.

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