Absonderlichkeiten bei der EM:Und immer diese geschmacklosen Zeitlupen

Wir haben gesungen, gejubelt - und uns fürchterlich aufgeregt. Was die Berichterstattung rund um das Fußballspektakel den deutschen Fans zumutete, war zeitweise kaum zu verkraften. Eine Auswahl an EM-Absonderlichkeiten, die der Redaktion von Süddeutsche.de mit Sicherheit nicht fehlen werden.

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Absonderlichkeiten bei der EM:Die "EM-Blume"

Ukraine reagiert mit Unverständnis auf EM-Boykott-Berichte

Quelle: dpa

Wir haben gesungen, gejubelt - und uns fürchterlich aufgeregt. Was die Berichterstattung rund um das Fußballspektakel den deutschen Fans zumutete, war zeitweise kaum zu verkraften. Eine Auswahl an EM-Absonderlichkeiten, die der Redaktion von Süddeutsche.de mit Sicherheit nicht fehlen werden.

Einer der ersten Aufreger nach Turnierbeginn war "diese Blume". Zu Spielbeginn, vor jeder Zeitlupe, nach jeder Zeitlupe, zur Halbzeitpause, bei Überblendungen vom Spielfeld in die Zuschauerränge und auch mal einfach so zwischendurch: Gefühlte 135 Mal pro Spiel wurde das Logo der diesjährigen EM eingeblendet.

Was die merkwürdigen floralen Muster mit der Europameisterschaft zu tun haben, klärt sich nach einem kurzen Blick auf die Internetseite der Uefa: Das Logo soll demnach die Tradition des Scherenschnittes ("wycinanka") aufggreifen, die in den ländlichen Gegenden Polens und der Ukraine verbreitet ist, und bei der häufig Pflanzen als Motiv dienen.

Die "Blume" hat also einen tieferen Sinn. Das ist schön. Warum sie so häufig eingeblendet werden muss, erschließt sich aus der Erklärung der Uefa aber nicht.

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Absonderlichkeiten bei der EM:"Waldis Club"

Fernsehsendung 'Waldis Club'

Quelle: dapd

Ganz schlimm ist natürlich auch "Waldis Club". Die Sendung landete bei mehreren Redaktionsmitgliedern auf der "EM-Liste des Schreckens".

Aus dem Bayerischen Bahnhof in Leipzig sendete die ARD die fröhliche Runde, in der Moderator Waldemar Hartmann mit Gästen von Costa Cordalis bis Bettina Tietjen über Fußball und den Unsinn des Lebens fachsimpelte. Schon die Ankündigungen während der Spiele ließen Schreckliches erahnen. Und Waldi lieferte prompt und zuverlässig ohne Konzept und Schamgrenze.

Die Bierkutsche - peinlich. Die Cheerleader - eine Lachnummer. Nein, diese Sendung werden wir nicht vermissen.

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Absonderlichkeiten bei der EM:Berichterstattung über die Spielerfrauen

Girlfriends Gercke Brandner and Lisa of Germany's national soccer players wait for start of Euro 2012 quarter-final soccer match between Greece and Germany in Gdansk

Quelle: REUTERS

Zum Grausen war größtenteils auch die Berichterstattung über die weiblichen Wurmfortsätze der Fußballspieler - vor allem wenn sie als eben solche beschrieben wurden. Lena Gercke küsst Sami Khedira und trägt dabei eine dermaßen kurze Hose, dass es aussieht, als hätte sie untenrum nichts an. Lisa Müller kocht ihrem Thomas nach einem schlechten Spiel gerne was Feines "und wenn mir dann noch ein guter Witz einfällt, ist die Stimmung gleich wieder etwas besser". In dieser Art gestalteten sich etwa 90 Prozent der Medienberichte über die Spielerfrauen.

Dass die Damen bei der Fußball-EM nur die Nebenrolle spielen, liegt in der Natur der Sache. Dass sie deshalb nur noch als schmückende Weibchen inszeniert werden, nicht.

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Absonderlichkeiten bei der EM:Geschmacklose Zeitlupen

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Quelle: AFP

Die Presse beschäftigte sich mit den Spielerfrauen, die Bildregie der Uefa fand bei den "Live"-Übertragungen besonderen Gefallen an leichtgekleideten weiblichen Fans. Vor allem zu Anfang des Turniers galt wohl: Passiert nichts auf dem Platz, wird eine halbminütige Zeitlupe eingeblendet, in der sich eine in Nationalfarben gekleidete Blondine die Haare über die Schulter wirft.

Eine Geschmacklosigkeit, dich sich gegen Ende zunehmend verflüchtigte, und die uns auch in Zukunft nicht fehlen wird.

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Absonderlichkeiten bei der EM:Aufgezeichnetes in der "Live"-Übertragung

EURO 2012 - Löws Spaß mit dem Balljungen

Quelle: dpa

Doch nicht nur was gezeigt wurde, war zum Teil eine Frechheit, auch die Art und Weise wie Bilder gezeigt wurden, nervte. Den Fernsehbildern Glauben zu schenken, war nach dem Aufreger um Jogi Löws Schabernack mit dem Balljungen fast unmöglich. Die Szene hatte sich bekanntlich bereits vor Anpfiff abgespielt und nicht, wie von der Fernsehübertragung suggeriert, während des Spiels.

Immer wieder wurden auch bei den folgenden Partien minutenalte Aufzeichnungen in die Live-Bilder geschnitten. Ob Schweinsteiger sich beim ersten Tor der Griechen also wirklich die Hände über dem Kopf zusammenschlug, oder ob da ein früherer Aufreger eingespielt wurde, war absolut nicht mehr nachvollziehbar.

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Absonderlichkeiten bei der EM:Usedom

Positive Bilanz: Insel Usedom freut sich über ZDF-Medienpräsenz

Quelle: dpa

Und immer wieder Usedom. Dass das ZDF nicht aus einem Studio in Polen oder der Ukraine sendete, sondern von der Seebrücke in Heringsdorf, sorgte bereits in den ersten Tagen der EM für viel Häme. Die offene Bühne ließ darauf schließen, dass Katrin Müller-Hohenstein und Oliver Kahn stets ein kalter Seewind um die Ohren wehte - vielleicht der Grund für die angespannten Gesichtsausdrücke der Moderatoren?

Auch das Publikum rund um die Seebrücke machte es nicht besser. Vor der allgemeinen Kritik am Usedomer Studio waren die Zuschauer vor Ort nur langweilig, danach wirkten sie angestrengt fröhlich.

Erfreulich, dass wenigstens die Insulaner selbst eine positive Bilanz der Fernsehübertragung ziehen. Sie erhoffen sich einen nachhaltigen Werbeeffekt und viele neue Touristen.

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Absonderlichkeiten bei der EM:Floskelalarm jetzt auch im Netz

Oliver Kahn ist meistgenannter TV-Experte im Netz

Quelle: obs

Früher droschen die Moderatoren ihre Floskeln nur im Fernsehen, in diesem Jahr haben sie das Internet für sich entdeckt. Im Netz kam während der EM Geistreiches wie von Twitter-Neuling Olli Kahn, der zwischterte: "@dfb_team lasst mich bitte nicht baden gehen ‪#ostsee‬ ‪#viertelfinale‬". Auch Franz Beckenbauer ist inzwischen unter die Mikroblogger gegangen. Der Kaiser verbreitete auf Twitter wertvolle Einschätzungen wie: "eine hoch überlegene deutsche Mannschaft hat verdient 4:2 gewonnen." Schmerz lass nach.

Trotzdem: Oliver Kahn ist laut einer Studie von "news aktuell" der meistgenannte TV-Experte im Netz (Foto).

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Absonderlichkeiten bei der EM:Mehmet Scholl

Pk ARD und ZDF zur EM 2012

Quelle: dpa

Mehmet Scholl (Mitte) landete in der Rangliste der im Internet meistgenannten Fußball-Experten auf Platz zwei, sein Gestammel nach dem EM-Aus für Deutschland ließ jedoch an den Fähigkeiten des ehemaligen Profis zweifeln. Ein billiges Standard-Statement hätte schon ausgereicht, Scholl suchte stattdessen minutenlang nach Worten - um sie dann nicht zu finden.

Nichts als überflüssig auch seine Zickerei gegen den "wund gelegenen" Stürmer Mario Gomez. Ist es abwegig, sich jetzt Günter Netzer zurückzuwünschen?

Fast noch weniger konnte der für Gerhard Delling eingesprungene Matthias Opdenhövel (rechts) überzeugen - vielleicht ist er bei Stefan Raab doch besser aufgehoben.

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Absonderlichkeiten bei der EM:Musikalische Untermalung

Chester Bennington

Quelle: AP

Musikalisch betrachtet gab die Europameisterschaft für die deutschen Fans nicht viel her. Die EM-Songs hatten nichts mit den Gastgeberländern zu tun und nisteten sich über die gesamte Dauer des Turniers fies im Gehörgang ein - ganz gleich ob "Endless Summer" von Oceana oder "Burn it down" von Linkin Park (Foto).

Die Polka "I Like to Move it" war zwar von einer ukrainischen Band, Los Colorados, doch auch das entschädigte nicht dafür, dass dieses Lied höchstens in Zehn-Sekunden-Schnipseln erträglich ist.

Einzig erfreulich: "Tage wie dieser" von den Toten Hosen. Ein Lied, von dem man gerne einen Ohrwurm hat. Dennoch stellt sich die Frage, was aus "Football's Coming Home" und anderen zum Thema passenden Kickerkrachern geworden ist.

© Süddeutsche.de/feko/pak
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