"A Young Doctor's Notebook" auf Sky:In der Badewanne mit Jon Hamm

"A Young Doctor's Notebook" auf Sky: Jon Hamm sitzt in der Serie A Young Doctors Notebook mit Daniel Radcliffe in der Badewanne.

Jon Hamm sitzt in der Serie A Young Doctors Notebook mit Daniel Radcliffe in der Badewanne.

(Foto: British Sky Broadcasting Ltd)

Mehr Metzger als Arzt: In "A Young Doctor's Notebook" geben Daniel Radcliffe und Jon Hamm als junger und alter Doktor Vladimir Bomgard ein Pas de deux der unkonventionellen Art. Russische Folklore und englischer Witz ergeben eine wunderbare Mischung.

Von Milena Fee Hassenkamp

Rauchend, wie seine Figur Don Draper in Mad Men, sitzt Jon Hamm an seinem Schreibtisch. Was folgt, ist irgendwie auch die Geschichte "verrückter Männer", aber auf eine eigensinnige, groteske und russische Art und Weise.

Die britische Serie A Young Doctor's Notebook situiert sich nicht im New York der 1960er Jahre, sondern im Russland zwischen 1917 und 1934. Die Männer, die mitunter auch gemeinsam in einer Badewanne sitzen, sind Daniel Radcliffe und Jon Hamm als jüngere und ältere Version des Arztes Vladimir Bomgard.

Der junge Bomgard tritt 1917 direkt nach dem Universitätsabschluss in Moskau seinen blutigen Job als Landarzt in einer entlegenen Provinz an. Hamm, sein Alter Ego aus der Zukunft (1934), steht ihm dabei mit gut gemeintem Rat zur Seite.

Zu klein für den Arztkittel

Es ist eine Arbeit, die in der Serie eher an die eines Metzgers erinnert, der mit aller Gewalt Knochen bricht und die Menschen auf seinem Operationstisch dank mangelnder Erfahrung eher umbringt, denn rettet. Dieser Arzt hat Angst vor seinen Patienten, versteckt sich hinter seinen Büchern und bleibt lieber in der Badewanne liegen, als zu einem Sterbenden zu eilen.

Rafft sich der junge Arzt doch einmal auf, sieht man ihn sogleich wieder mit bis über die Ellenbogen blutverschmierten Armen aus dem Operationssaal herauseilen, um nervös eine Zigarette zu rauchen. Nachts kauert er sich allein in sein klammes Bett, kopuliert lustlos mit einer der Schwestern und greift schließlich zum Morphium - gegen die Schmerzen und die Einsamkeit.

In den zu großen Arztkittel seines Vorgängers - dem in jedem Sinne großen Arzt Leopold Leopoldowitsch - ist er noch nicht hineingewachsen, und auch der Bart will nicht so richtig sprießen. So amputiert er eifrig Beine, kämpft gegen die Syphilis (mitunter auch die eigene) und vor allem gegen die eigene Unerfahrenheit, von der ihn auch der riesige, mahnende Jon Hamm nicht heilen kann. Zumal der junge Doktor Bomgard den weisen Rat seines gealterten Selbst nur selten befolgt.

Wie Vater und Sohn

Jon Hamm wirkt dabei oft wie ein grotesker Vater des neben ihm so klein erscheinenden Radcliffe, der bei genauerem Hinsehen gar nicht so jungenhaft ist, wie man vielleicht meinen möchte. Das wird immer dann deutlich, wenn der junge Arzt sich Morphium injiziert oder genervt hofft, sein Patient möge doch schon tot sein, damit er ihn nicht mehr behandeln muss - dann ist der kleine "Harry Potter" ein selbstinvolvierter, alter Pessimist, der so gar nicht in den blutjungen Körper seines Darstellers passen will und ihm gerade dadurch eine Fallhöhe erweist.

Dabei ist das Zusammenspiel von jungem und altem Doktor, das vornehmlich aus sarkastischen Kommentaren Hamms besteht, so absurd-komisch, dass es zeitweilig über diese im Grunde triste und einsame Atmosphäre hinwegtäuscht, die immer wieder wie eine Kältewelle hereinbricht. Hier wird nichts geschönt - nur gezwinkert wird oft.

Russische Folklore und englischer Witz

Das trifft auch auf die literarische Vorlage der Serie zu. Der Ton der "Aufzeichnungen eines jungen Arztes" des russischen Autors Michail Bulgakow, der in dem Buch seine eigenen Erfahrungen verarbeitete, wird in der Serie genau getroffen. Was surreal erscheint, ist vor allem die bittere Realität. Sie kommt in der Serie oft verpackt in einer Mischung aus russischer Folklore und sehr englischem Witz daher, die wunderbar zusammen passen.

Die Hochglanz-Ästhetik der Serie tut diesem Zusammenspiel sehr wohl, auch wenn sie die Provinz Russlands manchmal allzu sehr wie eine gemütliche Schneelandschaft und Daniel Radcliffe wie den jungen Zauberer aus Hogwarts aussehen lässt. Der Auftakt der komplexen Geschichte passt dennoch überraschend gut in die vier 25-minütigen Folgen der ersten Staffel.

Die Serie ist - zugegeben - in ihrer Mischung aus Slapstick und Tristesse eher etwas für den besonderen Geschmack, aber das hebt sie gerade von anderen Formaten ab, die sich selten einen so eigenwilligen Literatur-Oldie zum Vorbild nehmen, der vielleicht nicht jedem ein Begriff ist. Das fanden offenbar auch die Zuschauer von Sky Arts. Mit einer Quote von durchschnittlich 252.000 Zuschauern wurde A Young Doctor's Notebook zum erfolgreichsten Serien-Format des Senders. Die Mini-Serie wurde bereits für eine zweite Staffel verlängert.

A Young Doctor's Notebook, Sky Passion, donnerstags, 20.15 Uhr

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