"A Very Murray Christmas" bei Netflix:Bill Murray feiert Weihnachten, und keiner geht hin

"A Very Murray Christmas"; Netflix

Wer kann auch schon lachen, wenn er ein Rentiergeweih auf dem Kopf hat? Bill Murray lässt sich von Amy Poehler (links) trösten.

(Foto: Netflix)

Vielleicht weil der Hollywood-Heilige seine Lässigkeitsgrenze überschritten hat?

TV-Kritik von Anne Philippi

Bill Murray ist allein zu Haus und trägt einen Rentierhaarreif auf dem Kopf. Er wird später seine Schwester am Telefon anbrüllen, die ihn am Weihnachtsabend anruft. Wir sehen den etwas schwachen Mann, der in Lost in Translation am großen Hotelfenster stand und das Chaos in Tokio dazu befragt, wie sein Leben weitergeht. Dieser Mann steht nun in Sofia Coppolas Netflix-Film A Very Murray Christmas wieder am Fenster, nur Jahre später, und dieses Mal schaut er aus einem New Yorker Hotelzimmer heraus frisch fallendem Schnee zu. Man fragt sich, was mit dem Mann aus Lost in Translation passiert sein könnte. Ist er endlich geschieden? Schläft er schlecht?

Im Smoking weinen und grübeln

In diesem Film nun spielt Murray nicht den einsamen Japan-Reisenden Bob Harris, sondern den einsamen Bill Murray. Einsam, weil niemand zu seiner Weihnachtsgala kommen kann. Der Schneesturm in New York verhindert alles, und die ganze Celebrity-Garde hat abgesagt. George Clooney kommt nicht, Papst Francis nicht und Iggy Azalea auch nicht. Murray soll im Fernsehen vor deren Pappaufstellern singen und sein Presseteam erzählt ihm, das sei eine tolle Idee. Murray erleidet daraufhin einen der er üblichen Bill-Murray-Nervenzusammenbrüche: im Smoking weinen und grübeln, warum man im Leben alleine bleibt. Sofia Coppola gibt eine Antwort - zum Beispiel, weil man seine Schwester am Telefon anschreit.

Sofia Coppola hat diese Bill-Murray-Show extra für den Streamingdienst Netflix als Hipster-Entertainment inszeniert und wie üblich ihre ganze Film-Familie involviert. Jason Schwartzman, Amy Poehler, Rashida Jones; Roman Coppola hat mitproduziert, Coppola-Ehemann und Phoenix-Bandchef Thomas Mars spielt einen Küchenchef mit french accent, der später zum Singen verdonnert wird.

A Very Murray Christmas ist aber keine Weihnachtsrevue. Es ist eine Studie über den Männertypus Bill Murray. Dieser Mann ist nicht glamourös, aber auch kein einsamer Loser auf Alkohol, er ist einem Eremitentum verfallen, dessen Coolness-Ablaufdatum überschritten ist. Coppola hat diesen Typ Mann verstanden und auch, dass so etwas im Kino nicht möglich wäre, sondern nur auf der neuen Experimentalplattform Netflix.

Man hat den Eindruck, sie habe die Kamera in Murrays Partykeller (und nicht in einer Suite des Carlyle-Hotels) einfach aufgestellt. Und dann mal geschaut, was so passiert. (Erst später werden wir sehen, wie Murray auf einer blitzweißen Bühne mit der Tattoo-Maus Miley Cyrus herumwedelt und einen Dirty Martini mixenden George Clooney begrüßt - und erfahren, dass Murray diese Begegnungen nur träumt.)

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