Süddeutsche Zeitung

30 Jahre "Dallas" in Deutschland:Epos mit Fiesling

Mit der braven Fernsehwelt deutscher TV-Serien hatte "Dallas" absolut nichts gemeinsam: Es gab Sex, Intrigen, Gewalt - und ein erfolgreiches Ekel als Hauptfigur. Vor genau 30 Jahren kam die Familiensaga mit ihren Intrigen und kruden Charakteren nach Deutschland - und setzte neue Maßstäbe in der abendlichen Fernsehunterhaltung.

Big Business und Bettgeschichten in der High Society: Dallas, die Familiensaga aus der gleichnamigen Ölmetropole in Texas, gilt als die Mutter aller abendfüllenden Seifenopern. Vor 30 Jahren, am 30. Juni 1981, kam die Serie nach Deutschland - und revolutionierte die Vorstellung davon, was eine packende Fernsehserie ausmacht. Mit dem schmierigen Helden J. R. Ewing (Larry Hagman) - einem skrupelloser Mann, den zu hassen ein Vergnügen war - wurden sämtliche Ideale vom Fernsehen als moralischer Instanz begraben. Hier wurde ein erfolgreiches Ekel zur Hauptfigur und die brave Welt anderer Serien auf den Kopf gestellt.

Auch wenn komplizierte Charaktere mit zweifelhafter Moral heute längst Standard in allen Fernsehserien sind: Anfang der achtziger Jahre waren die Irrungen und Wirrungen rund um die Brüder J.R. und Bobby (Patrick Duffy) sowie J.R.s labile Ehefrau Sue Ellen (Linda Gray) eine Sensation.

Die USA verkauften Dallas in Dutzende Länder. In Deutschland war praktisch ein Jahrzehnt lang für viele Fernsehzuschauer der Dienstag Dallas-Tag. Etwa 15 Millionen Menschen sahen anfangs regelmäßig zu, später sank die Zahl unter die Zehn-Millionen-Grenze. Die letzte Folge von etwa 350 Episoden lief am 27. September 1991.

Allerdings zeigte die um die Nerven ihrer Zuschauer besorgte ARD nicht alle Folgen. Einige Episoden der High-Society-Saga waren den Senderverantwortlichen zu gewalttätig. Sie wurden deswegen einfach nicht ausgestrahlt. Das konnte schon einmal für einige Verwirrung sorgen - und machte es nicht eben leicht, der Handlung zu folgen.

Damit der Zuschauer trotzdem dranblieb, gab es bei Dallas raffiniert konstruierte "Cliffhanger" - dramatische Entwicklungen mit offenem Ende - bis zum Exzess. Am Schluss jeder Saison trieben die Macher der Sendung die Spannung auf die Spitze. So rätselte im Frühjahr 1980 die amerikanische TV-Nation, wer wohl Oberfiesling J.R. niedergeschossen hat. Als am 21. November Schwägerin Kristin als Täterin entlarvt wurde, verfolgten Dallas etwa 83 Millionen Zuschauer in fast 42 Millionen Haushalten - eine der höchsten Einschaltquoten in der Geschichte des US-Fernsehens, wenn man von Sportereignissen wie dem Super Bowl einmal absieht.

Die letzte Folge von Dallas wurde von Frank Capras sentimentaler Komödie It's a wonderful Life (Ist das Leben nicht schön?) von 1946 inspiriert: Ein Engel zeigt dem skrupellosen Geschäftsmann und Weiberhelden J.R., was aus Dallas geworden wäre, wenn es ihn nie gegeben hätte. In der realen Welt hätte es natürlich ohne J.R., den Mann mit dem öligen Charme, die ganze Serie nicht gegeben. Am Ende zieht J.R. seinen Revolver. Man hört einen Schuss und sieht nur noch Bobby ins Zimmer stürmen. Dennoch scheint eine Fortsetzung der Familiensaga möglich: Zurzeit wird in den USA an einer Art Wiederauflage von Dallas gearbeitet, die dort 2013 ins Fernsehen kommen soll. Mal sehen, ob die Saga es auch diesmal wieder bis nach Deutschland schafft.

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