Süddeutsche Zeitung

20 Jahre Late-Night-Talk bei 1Live:Domians beste Geschichten

Absurde Sexpraktiken, extreme politische Einstellungen und Sozialschmarotzertum - mit diesen Themen war Domian in seiner Nacht-Talksendung konfrontiert. Die verrücktesten Anrufe zum Abschied.

Nach 21 Jahren als "Kummerkasten der Nation" hat sich WDR-Nachttalker Jürgen Domian von seinem Publikum verabschiedet. "Die Zeit mit Euch war groß. Was ich gelernt habe in all den Jahren, das ist Demut", sagte der Moderator in der letzten Domian-Ausgabe in der Nacht zum Samstag. Der 58-Jährige hatte das Ende seiner Sendung bereits vor geraumer Zeit angekündigt, weil er keine Lust mehr auf Nachtarbeit habe.

Hier einiger seiner besten Geschichten aus zwei Jahrzehnten:

Absurde Sexpraktiken

Der Fall Edwin:

"Dir ist klar, dass wir alle jetzt erst mal ein bisschen lachen müssen", sagt Domian, als er die Geschichte von Edwin hört. Denn der 26-Jährige erzählt am Telefon, er treibe es etwa einmal im Monat mit 60 Kilo Hackfleisch. Beim Metzger koste sein Berg Vergnügen - vorwiegend Gehacktes vom Schwein - 800 Mark. "Das ist ja völlig skurril", stellt der Talker fest. In diesem Fall scheint selbst Domian ein bisschen fassunglos. Fazit des an unübliche Sexpraktiken gewöhnten Moderators: "Das ist eine richtige Perversion, der du da nachgehst."

Bezeichnender Satz von Domian: "Was sagt der Metzger zu dir?"

Der Fall Janine:

Janine ist obdachlos und lebt auf der Straße. Ihre ganz persönliche Vorliebe ist es, sich auf öffentlichen Toiletten zu befriedigen. Vor ekligen Gerüchen und selbst der Klobrille scheut sie nicht zurück. Im Gegenteil. "Dieses Fremde, diese fremden Gerüche, das zieht mich schon sehr an", gesteht die junge Frau Domian. Der bleibt gelassen, obwohl klar wird, dass er diese Vorlieben selbst kaum nachvollziehen kann.

Bezeichnender Satz: "Wer ist Charlotte Roche?" (Janine, als Domian ihr erklärt, dass Roche genau über diese Ekelvorlieben ein erfolgreiches Buch geschrieben habe. Janine darauf: "Nää. Dann bin ich ja nicht die Einzige!")

Politische Einstellungen

Der Fall Sebastian

Der 24-jährige Sebastian ist in der Neonazi-Szene und überlegt, auszusteigen. Auch wenn er schon "Kanacken" verprügelt habe (aber "immer in der Gruppe") und vor allem bei Arabern eine Bedrohung sehe, sei er "mehr oder weniger am Grübeln", gesteht er Domian. Bald entspinnt sich eine lebhafte Diskussion zwischen dem Mann mit dem Spitznamen "Nachtfalke" und seinem Anrufer, was Nationalsozialismus bedeute (Domian) und ob Sozialismus an sich denn nicht sinnvoll sei (Sebastian). Aber die Diskussion ist bald müßig, denn Sebastian sagt Sätze wie: "Köln ist eine Saustadt." (Seine Begründung: Am Dom hänge nicht mal eine Uhr). Domian ist fassungslos und empfiehlt Sebastian, sich an eine Aussteiger-Organisation zu wenden.

Bezeichnender Satz von Domian: "Ich bin jetzt enttäuscht."

Besondere Lebensumstände

Der Fall Sigi:

Sigi ist 62 Jahre alt und bezeichnet sich selbst als Außerirdischen. Als Domian ihn in der Sendung vorstellt, nennt er seinen vollen Namen, kann den Talker allerdings über die genauen Umstände seiner Existenz auf Erden nur vage informieren ("dann wurde ich auf einen Siegfried Norra transferiert ..."). Ein typischer Domian-Fall: Der Moderator nimmt Sigi ernst und will in aller Ruhe wissen, was hinter dessen Geschichte steckt.

Bezeichnener Satz von Domian: "Und Außerirdische haben echte außerirdische Nachnamen?"

Der Fall Charly:

Mit einem geschmuggelten Handy meldet sich der 47-jährige Charly aus dem Knast. "Ick bin in der Sicherungsverwahrung", erzählt der frühere Rocker mit Berliner Schnauze. Auf Domians Frage "Macht Dir Freiheit auch ein bisschen Angst?" gesteht Charly, dass ihm ganz schön mulmig werde, wenn er daran denke, bald entlassen zu werden. Nach neun Jahren Gefängnis.

Bezeichnender Satz von Domian: "Möge es gerecht zugehen."

Der Fall David:

Zehn Jahre war der 30-jährige David bei Scientology, bis er von einem Tag auf den anderen ausgestiegen ist. Jetzt werde er allerdings von den Sektenmitgliedern terrorisiert, wie er Domian erzählt. Als David immer weitere Bedrohungen aufzählt, denen er sich ausgesetzt sieht, bleibt dem Moderator nur mehr zu sagen: "David, dein Fall sprengt wirklich den zeitlichen Rahmen meiner Gesprächsmöglichkeiten hier in der Sendung."

Bezeichnender Satz: "Bin ich ein Verrückter?" (David)

Der Fall Nicole:

Hier stößt Domian an seine Grenzen. Er mag noch so viel Verständnis für die abwegigsten Sexpraktiken haben - bei Lebensverweigerern und Schmarotzern wird er wütend. Nicole bekommt Sozialhilfe, seit sie 16 Jahre alt ist. Und die 29-Jährige, die Domian schon mal angerufen hat ("Ich glaube, dass ich dich sehr beschimpft habe", erinnert sich Domian an ihren ersten Anruf), will den Nachttalker auf den aktuellen Stand in ihrem Leben bringen. Sie lebe immer noch von Sozialhilfe - und finde das auch gut. Ganz anders Domian: "Du wagst es, hier anzurufen und das zu erzählen?" - "Ja, warum nicht, alle anderen sind ja doof." Da ist das Maß voll für den Moderator: "Weißt du, dass wir das zur Anzeige bringen werden?"

Bezeichnender Satz von Domian: "Und du glaubst, der Domian sitzt hier, sagt ein paar kritische Worte und dann ist's wieder gut?"

... und etwas ganz Persönliches

Der Fall Katharina:

Petras 15-jährige Tochter hat ein Problem. Und es heißt Domian. Das junge Mädchen sei hoffnungslos verliebt in den Talker und rede nur noch von ihm, erzählt die Mutter. "Die ist total verrückt nach dir." Domian ist zwar geschmeichelt und amüsiert, aber auch besorgt. Als Katharina persönlich am Telefon ist, wird er sehr deutlich: "Das hat keine Zukunft mit uns."

Bezeichnender Satz: "Du bist mein Traummann." (Katharina)

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