Wirtschaftszeitung von Gruner + Jahr:"Financial Times Deutschland" wird eingestellt

Die "Financial Times Deutschland" erscheint am 7. Dezember zum letzten Mal, wie der Verlag Gruner + Jahr in Hamburg mitteilte. Verhandlungen mit möglichen Investoren waren zuvor gescheitert. Betroffen sind mehr als 300 Mitarbeiter. Das Magazin "Capital" soll in Zukunft von Berlin aus weitergeführt werden.

Gruner + Jahr-Aufsichtsrat berät über Wirtschaftsmedien

Seit der Gründung nicht in die schwarzen Zahlen gekommen: Im Dezember wird die "Financial Times Deutschland" zum letzten Mal erscheinen.

(Foto: dpa)

Jetzt ist es offiziell: Die Wirtschaftszeitung Financial Times Deutschland wird eingestellt. Dies gab der Verlag Gruner + Jahr am Freitag in Hamburg bekannt. "Die Financial Times Deutschland schreibt seit ihrer Gründung im Jahr 2000 Verluste. Vor diesem Hintergrund sehen wir keinen Weg, die Financial Times Deutschland weiter zu betreiben", erklärte G+J-Vorstand Julia Jäkel. Zuvor hatte bereits die zuständige Betriebsrätin Maike Rademaker die Entscheidung bekannt gegeben.

Das Traditionsmagazin Capital soll von Berlin aus weitergeführt werden, wie der Verlag weiter mitteilte. Für die beiden Titel Impulse und Börse Online wird geprüft, ob sie verkauft werden oder ob sie durch ein Management-Buy-out - also die Übernahme durch verlagsinterne Manager - weitergeführt werden können. Sollten die Gespräche nicht zu einem erfolgreichen Abschluss kommen, sei auch für diese beiden Wirtschaftsmagazine die Einstellung geplant.

Bei den Wirtschaftsblättern selbst verlieren dem Verlag zufolge 314 Mitarbeiter ihre Stellen. Nach Angaben von Rademaker sind zusätzlich 50 Arbeitsplätze in nichtredaktionellen Abteilungen gefährdet, etwa in der IT-Abteilung. Die Betriebsrätin warf der Verlagsführung Versagen im Umgang mit den Mitarbeitern vor, seit die ersten Gerüchte über eine Schließung aufkamen: "Wir haben alles nur aus der Presse erfahren", sagte sie.

Die FTD-Mitarbeiter trugen am Freitag lachsfarbene Trauerschleifen am Revers. In der Freitagsausgabe der Zeitung ist die zweite Seite gefüllt mit Solidaritäts-Zuschriften von Lesern. Nach Angaben der Frankfurter Allgemeinen Zeitung hat Gruner + Jahr rund 40 Millionen Euro für Abfindungen eingeplant.

Verkaufsverhandlungen abgebrochen

Der Verlag hatte in der Finanzkrise 2008 seine Wirtschaftsmedien in Hamburg zusammengezogen, um Kosten zu reduzieren. "Zwar konnten erhebliche Einsparungen erzielt werden, diese reichten jedoch nicht aus, um die rückläufigen Anzeigenumsätze auszugleichen", teilte Gruner + Jahr mit. Auch 2012 würden die Wirtschaftsmedien einen deutlichen Verlust machen.

Publikumszeitschriften

Der G+J-Aufsichtsrat hatte nach Verlagsangaben am Mittwoch den Vorstand ermächtigt, "einen Verkauf, eine Teilschließung oder Schließung der Wirtschaftsmedien vorzunehmen". Das Gremium wird von Bertelsmann-Chef Thomas Rabe geführt, darin ist auch die Hamburger Verlegerfamilie Jahr vertreten. G+J-Mehrheitseigener ist mit 74,9 Prozent Bertelsmann, die Jahrs halten eine Sperrminorität von 25,1 Prozent.

Einen Tag später brach die Verlagsgruppe Gruner + Jahr die Verkaufsverhandlungen mit einem potenziellen Investor ab. "Gruner + Jahr lag ein ernsthaftes Angebot vor, allerdings konnte der G+J-Vorstand dem dort dargestellten Fortführungsszenario weder konzeptionell noch wirtschaftlich folgen", hieß es. Damit war mit einer Schließung der FTD zu rechnen.

Branche schon vorher geschockt

Die montags bis freitags erscheinende FTD war erstmals im Jahr 2000 herausgekommen - im damaligen Internetboom mit einer Vielzahl von Firmengründungen und Börsengängen, die kräftig beworben wurden. Werbegelder waren neben den Vertriebserlösen Haupteinnahmequelle der Branche. Allerdings hat die Zeitung bisher rote Zahlen geschrieben. Das lachsfarbene Blatt sorgte mit seinem Erscheinen für Aufsehen und mehr Wettbewerb in der deutschen Medienlandschaft.

Bis dahin gab es nur eine tägliche Wirtschaftszeitung, das Handelsblatt. Dessen Chefredakteur Gabor Steingart hatte den Hamburger Blattmachern noch am Donnerstag prominent auf der Titelseite seine Anerkennung ausgesprochen.

Die Branche war im November bereits durch den Insolvenzantrag der Frankfurter Rundschau geschockt worden. Außerdem verschwindet das Stadtmagazin Prinz im Dezember aus den Kiosken und präsentiert sich dann nur noch im Internet.

Gruner + Jahr hatte die FTD mit dem britischen Verlag Pearson (Financial Times) aus der Taufe gehoben und Anfang 2008 auch dessen 50-Prozent-Anteil übernommen. Dabei wurden die weitere Nutzung der Marke sowie eine redaktionelle Kooperation mit dem früheren Mutterblatt FT vereinbart. Der Verlag Gruner + Jahr, der auch Magazine wie Geo, Gala, Stern, Brigitte und Neon herausgibt, gehört mit einem Umsatz von rund 2,3 Milliarden Euro (2011) zu den größten in Europa.

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