ARD-Talk "Hart aber fair":Banken sind eben doch Dienstleister

Amok in Zeiten des Terrors âÄ" wie verändert die Angst das Land?

Frank Plasberg moderiert die Talkshow "Hart aber fair".

(Foto: ©WDR/Oliver Ziebe)

Die Verbraucher müssen die Finanzkrise mit steigenden Bankgebühren ausbaden. Das ist nicht immer gerechtfertigt - aber das kostenlose Girokonto, da sind sich die Gäste bei "Hart aber fair" relativ einig, wäre eine überzogene Forderung.

TV-Kritik von Dörthe Ziemer

Tausenden Bank- und Sparkassenkunden flattern derzeit dicke Briefe ins Haus. "Änderungsangebot" heißen sie zum Beispiel, aber sie beinhalten tatsächlich Gebührenerhöhungen für Girokonten. Um die neue Gebührenliste zu studieren, braucht der Kunde einige Zeit. Noch mehr Zeit bräuchte er, um sie mit den bisherigen Gebühren oder gar den Angeboten anderer Geldhäuser zu vergleichen. Lohnt sich das? Und wo gibt es noch kostenlose Girokonten?

Dass dies die drängendsten Fragen sind, die Kontoinhaber derzeit bewegen, konnten sich Frank Plasberg und seine Gäste gestern Abend offenbar nicht vorstellen. Sie diskutierten die Frage "Minus-Zinsen, Extra-Gebühren - Retten sich die Banken auf Kosten der Kunden?" und wollten lieber klären, wer schuld am aktuellen Geschäftsgebaren von Banken und Sparkassen ist.

Dabei schienen die Rollen klar verteilt: Für die (etwas harmloseren) Volks- und Raiffeisenbanken war Verbandschef Uwe Fröhlich da, den bösen Banker spielte der Ex-Chefvolkswirt der Deutschen Bank, Thomas Mayer. Als ihre Kritiker traten Sahra Wagenknecht, Fraktionsvorsitze der Linken im Bundestag, und Heinz Landwehr, Chefredakteur von Finanztest, auf. Die Runde komplettierte Nordrhein-Westfalens Finanzminister Norbert Walter-Borjans (SPD).

Die Schuldigen sind schnell gefunden

Wer also ist schuld daran, dass sich Bankkunden neben Gebührenerhöhungen auch mit Filialschließungen und sogar Negativzinsen für zu hohe Geldanlagen plagen müssen? Negativzinsen gibt die Europäische Zentralbank (EZB) vor, um die Kreditvergabe von Banken in Gang zu bringen. Dass ausgerechnet kleine Banken wie die Raiffeisenbank in Gmund am Tegernsee sie an Kunden mit kurzfristigen Geldanlagen von mehr als 100 000 Euro weiterleiten, schien für Verbandschef Fröhlich noch vor Monaten nahezu undenkbar. Nun ist der Tabubruch da, und Fröhlich versuchte ihn bei Plasberg mit der Geldpolitik von EZB-Chef Mario Draghi zu erklären. Anschließend stellte er fest, dass das Ankurbeln von Kreditvergaben damit aber auch nicht funktioniert.

Doch daraus würden keine Schlüsse gezogen, kritisierte Sahra Wagenknecht. Die Folgen der Finanzkrise und die Zockereien der großen Banken seien auch von der Politik noch immer nicht aufgearbeitet.

Die Schuldigen waren an diesem Abend also schnell gefunden. Doch müssen das jetzt die Kunden ausbaden? Wagenknecht bejahte das klar. Alle anderen Talkgäste versuchten stattdessen, die Rolle von Banken in einer Gesellschaft zu klären: Unternehmer, Dienstleister oder Bereitsteller von Infrastruktur?

Banken stellen Infrastruktur bereit, sagt Walter-Borjans - und der Staat müsse sie stärker regulieren

Da hilft ein Blick auf das, was sich gerade bei den kleineren Banken und Sparkassen ändert: So gibt es zum Beispiel verschiedene Kontomodelle für verschiedene Nutzertypen, also etwa ob es sich um ein Hauptkonto oder ein Nebenkonto handelt.

Unter Umständen können sich "Aktivkunden", so nennt etwa die Direktbank DKB Kontoinhaber mit mehr als 700 Euro monatlichem Eingang, sogar über Vorteile freuen. Andersherum ist es so, dass Dienstleistungen, die einen größeren Aufwand für die Bank bedeuten, eben mit höheren Gebühren belegt werden.

"Banken müssen verstehen, dass sie nicht nur Unternehmen sind, sondern ein Stück Infrastruktur, das man braucht wie eine Straße", wandte Finanzminister Walter-Borjans ein. Da sei es richtig, dass der Staat hohe Hürden gesetzt hat für das, was Banken dürfen. Nur seien die nicht immer hoch genug, stellte er später in der Sendung fest und plädierte für einen Ethikrat der Banken. "Sie sollten selbst die Politik darauf hinweisen, wo Lücken geschlossen werden müssen. Aber im Moment wird lieber darauf gesetzt, dass bestimmte Lücken nicht erkannt werden und dass sich damit Geld machen lässt." Da bleiben Banken eben doch Unternehmer.

Wenn Banken Unternehmer sind, müssen sie auch bankrott gehen können

Doch als solche, forderte der Ex-Chefvolkswirt der Deutschen Bank, Thomas Mayer, zur Überraschung seiner Mitdiskutanten, müssten sie eben auch bankrott gehen können: "Besser als jegliche Regulierung ist die Verbindung von unternehmerischer Entscheidung mit Haftung."

Das dürfte auch die Zuschauer, die sich auf Twitter und Facebook kontinuierlich über Banker ärgern, freuen. Doch bleibt es dabei: Für Dienstleistungen dürfen Banken Gebühren erheben. Dagegen hatte nicht einmal der Finanztest-Chef Heinz Landwehr etwas einzuwenden. Nur sollten dafür nicht Dutzende Kontenmodelle bereitstehen, die die Verbraucher nur verwirrten. Und er warb dafür, dass Kunden Angebote sorgfältig prüfen und bei Verständnisproblemen eben nochmals zum Berater gehen.

Die Frage also, was das "Änderungsangebot" seiner Hausbank bedeutet und ob es nicht bessere Kontoanbieter gibt, muss jeder Kunde mit einigem Aufwand selbst beantworten. Oder es eben lassen, wenn er bereit ist, für die Dienstleistungen seiner Bank entsprechende Gebühren zu zahlen. Dass diese durchsichtiger werden, dafür könnte immerhin eine EU-Richtlinie sorgen, die bis 2018 in Kraft treten soll.

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