Dritte Staffel:"True Detective" klaut nur noch bei sich selbst

True Detective 3

Manchmal findet Mahershala Ali als Ermittler Wayne Hays einfach so Dinge im Wald. Ganz nützlich, diese Eigenschaft.

(Foto: HBO/Sky)
  • Nach fast vier Jahren erscheint nun die dritte Staffel der US-amerikanischen Serie True Detective auf Sky.
  • Die Hauptrolle spielt Mahershala Ali, der 2017 einen Oscar für Moonlight und vor wenigen Tagen einen Golden Globe für Green Book gewann.
  • Die neue Staffel knüpft an den Auftakt der Serie an: Im unheimlichen Süden der USA geschehen Verbrechen, hinter denen mehr zu stecken scheint, als die Indizienlage hergibt.

Von Nicolas Freund

Man kennt es: Lässig lehnen die Detectives an der Kühlerhaube ihres Autos, langsam dreht sich das Blaulicht, einsame Straßenlaternen kämpfen gegen die Dunkelheit.

Zwei Kinder sind verschwunden, die ganze Siedlung steht unter Schock, der Stahlarbeiter-Vater und die Alkoholiker-Mutter schreien einander an. White trash, verfallendes Hinterland, und jeder scheint ein finsteres Geheimnis zu hüten. Die neue Staffel der Krimiserie True Detective knüpft atmosphärisch wieder an den Auftakt der Serie an: Im unheimlichen Süden der USA geschehen Verbrechen, hinter denen mehr zu stecken scheint, als die Indizienlage hergibt, und die Ermittler sind nicht mehr nur Kriminellen, sondern sehr ernsten, philosophischen Wahrheiten auf der Spur. Was kann bei dem Erfolgsrezept schiefgehen?

Die erste Staffel mit Matthew McConaughey und Woody Harrelson steht noch immer wie ein Monolith in der Serienlandschaft. Die vielschichtige Charakterzeichnung der beiden abgründigen Cops Rust Cohle und Martin Hart; eine Krimihandlung, die wie selbstverständlich komplizierte Fragen zu Moral und Männlichkeit verhandelt; dieses Schaudern, wenn McConaughey irgendwas von Monstern in die Kamera raunt: Das hat bisher noch keine andere Krimi-Serie erreicht. Mit der Episode "Who Goes There" und einer beeindruckenden Plansequenz schrieb die erste Staffel unter der Regie von Cary Fukunaga Fernsehgeschichte. Auch die zweite Staffel hatte mit Colin Farrel, Rachel McAdams, Taylor Kitsch und Vince Vaughn eine fast ebenso hervorragende Besetzung wie die erste, und sie inszenierte Kalifornien als noch nie gesehenes, gotisches und surreales Albtraumland, als sei der Golden State ein Gemälde von Max Ernst. Das war mutig und fordernd, kam aber nicht besonders gut an. Mehr als vier komplizierte Figuren und eine Erzählweise, die Mitdenken verlangt, ließen die Zuschauerzahlen deutlich hinter den Erwartungen zurückbleiben.

Die neuen Folgen reduzieren das Serien-Konzept auf das Nötigste

Fast vier Jahre später gibt es nun eine dritte Staffel, bei der alles zugänglicher sein soll. Es gibt nur noch eine Hauptrolle. Mahershala Ali spielt den Ermittler Wayne Hays, der auch nur noch zwei Eigenschaften hat: Er ist aus nicht ganz geklärten Gründen etwas vergesslich, und weil er in Vietnam als Fernspäher gekämpft hat, findet er manchmal einfach so Dinge im Wald. Verlorene Kinder zum Beispiel. Obwohl Ali die Figur in gleich drei Zeitebenen spielt, die auch noch in den ersten fünf Minuten eingeführt werden, wirkt er von der Rolle eher unterfordert. Stephen Dorff spielt seinen Partner Roland West, der gar keine Charaktereigenschaften mehr hat.

Die neuen Folgen haben das True-Detective-Konzept der ersten beiden Staffeln auf das absolut Nötigste reduziert. Die Serie verlässt sich auf bewährte Versatzstücke, die aber nur noch Zitate sind, und auf eine Kriminalhandlung, die kaum der Rede wert ist. Erzählerische Komplexität wird mit den drei Zeitebenen nur simuliert - an das geschickt suggestive Erzählen der ersten Staffel reicht das nicht heran.

Dabei hat Nic Pizzolatto bewiesen, dass er ein hervorragender Serienautor ist, und bei den ersten beiden Folgen führte Jeremy Saulnier Regie, der mit "Blue Ruin" und "Green Room" zwei der fiesesten und spannendsten Thriller der letzten Jahre gedreht hat. Leider erkennt man seine Handschrift nicht, die Bilder sind im HBO-Hochglanz inszeniert, mit starken Kontrasten, aber fast ohne Überraschungen. True Detective klaut nur noch bei sich selbst und ist sogar darin mutlos.

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