"Tatort" aus Dortmund:"Hoffnungslos veraltet, Quatsch, lächerlich"

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Saufende Zechkumpel auf Krawall: So wie im jüngsten Tatort will Dortmunds Oberbürgermeister die Einwohner seiner Stadt nicht geschildert sehen. (Foto: WDR/Martin Valentin Menke)

Dortmunds Oberbürgermeister Ullrich Sierau findet, der "Tatort" rückt seine Stadt in ein falsches Licht und beschwert sich beim WDR. Aber nicht aus Wut oder Enttäuschung.

Interview von David Denk

SZ: Herr Sierau, viele Kommunen reißen sich darum, Tatort -Schauplatz zu werden - Dortmund ist es seit 2012, will es nach der jüngsten Episode aber nicht mehr unbedingt sein, schreiben Sie in einem Brief an WDR-Intendant Tom Buhrow. Warum?

Ullrich Sierau: Ich habe anfangs immer die Auffassung vertreten, dass der Tatort die Stadt adelt, in der er spielt - auch gegenüber denen, die nach den Duisburger Erfahrungen mit den Schimanski- Tatorten davor gewarnt haben, dass wir uns eine Laus in den Pelz setzen könnten. Im Laufe der Zeit mussten wir feststellen, dass zwar Dortmund draufsteht auf dem Tatort, aber immer weniger Dortmund drin ist. Die Außenaufnahmen im letzten Film stammen fast durchweg aus anderen Städten, aus Duisburg, aus Marl. Auch bei den Themen erwarte ich bei aller Fiktion ein Mindestmaß an Bezug zur Realität. Aber natürlich schreibe ich so einen Brief nicht, weil ich wütend bin oder enttäuscht, sondern weil ich damit etwas erreichen möchte.

Was denn?

Ich möchte mit dem WDR in einen Dialog über die Darstellung von Dortmund im Tatort treten. Ständig wird ein Grauschleier über die Handlung gelegt, dabei haben wir mehr Milieus zu bieten als Nazis, Islamisten und saufende Bergleute. An Hauptkommissar Faber und seinen Baseballschläger haben wir uns ja mittlerweile gewöhnt. Aber warum ermittelt der nicht mal im Technologiezentrum? Meinetwegen kann er auch den Baseballschläger mitnehmen.

Sie beklagen "fortwährendes Mobbing gegenüber einer Stadt, einer Region sowie den dort lebenden Menschen". Wer mobbt Sie da und mit welchen Motiven?

Das ist vielleicht gar keine Absicht, aber de facto wird das hier so empfunden. Die paar Nazis hier in Dortmund haben sich doch ein Loch in den Bauch gefreut darüber, dass sie Gegenstand eines Tatorts wurden.

Nehmen Sie den Tatort nicht vielleicht ein bisschen zu ernst?

Wir in Dortmund sind ja nicht blöd und wissen, dass der Tatort nicht viel mit der Realität zu tun hat. Doch wir erleben es immer wieder, dass Zuschauer die Fiktion für bare Münze nehmen. Der Tatort ist imagebildend. Und die Dortmund-Bilder, die sich dadurch in den Köpfen festsetzen, sind hoffnungslos veraltet, Quatsch, lächerlich.

Wie waren die Reaktionen auf den Brief?

In Dortmund durchweg positiv. Auch aus Nachbarstädten erfahre ich viel Zuspruch: Endlich sagt's mal einer, dass wir hier nicht der Hinterhof der Nation sind, sondern eine Zukunftsregion.

Und vom WDR?

Da sehe ich wenig Bereitschaft, sich mit der Kritik auseinanderzusetzen. Dabei sind wir Gebührenzahler doch nicht nur die Kunden, sondern auch die Auftraggeber des WDR.

© SZ vom 24.01.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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