Serie:Blutspende

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Gerät auch in den Bann der Madonna: First Lady Sole Pietromarchi (Elena Lietti) beim Repräsentieren. (Foto: Montesi Antonello)

Alle haben hier die Hoffnung auf Erlösung: Die Arte-Serie "Ein Wunder" ist fesselnd und verstörend.

Von David Denk

Da kann man sich schon mal eine anstecken. Seit 14 Jahren raucht der italienische Geheimdienstchef Giacomo Votta (Sergio Albelli) eigentlich nicht mehr, doch besondere Umstände erfordern besondere Maßnahmen. Gerade eben hat er dem Ministerpräsidenten Fabrizio Pietromarchi (Guido Caprino) die mysteriöse Madonnenstatuette gezeigt, die Tränen aus Blut weint, neun Liter pro Stunde - und nicht etwa in einer Kirche ausgestellt, sondern an einem geheimen Ort in Rom versteckt wird, wo Mitarbeiter mit Mundschutz und Handschuhen regelmäßig die Plastikwanne ausleeren, in die das Blut, von einem Mann stammend und virenfrei, unablässig tropft.

Mit Ein Wunder, einer Koproduktion von Sky Italia und Arte, die man nur als äußerst fesselnd verstörend bezeichnen kann, wird der deutsch-französische Sender nach, nur zum Beispiel, Borgen und der Homeland-Vorlage Hatufim, einmal mehr seinem Ruf als Serien-Trüffelschwein gerecht. Ein Wunder porträtiert in acht Folgen eine Gesellschaft zwischen Rationalität und (Aber-)Glaube kurz vor einer Art Italexit-Referendum, das Ministerpräsident Pietromarchi eigentlich umtreibt. Es sieht nicht gut aus für den Verbleib in der EU - und damit auch für ihn. So ein Wunder hat ihm gerade noch gefehlt. Sein Schicksal (und das seiner Familie) verwebt Headautor Niccolò Ammaniti (mit Stefano Bises, Francesca Manieri und Francesca Marciano), der sich mit Francesco Munzi und Lucio Pellegrini auch die Regiearbeit geteilt hat, mit dem einiger anderer Figuren: Da wäre zunächst mal Mafiaboss Molocco (Sergio Valastro), in dessen Obhut die Statuette gefunden wurde, der vor Jahren auf unerklärliche Weise seine Tochter verloren hat und zur Herkunft der Madonna eisern schweigt; da wäre des Weiteren die junge Wissenschaftlerin Sandra Roversi (Alba Rohrwacher), die das Madonnen-Blut analysiert und ihrer im Wachkoma liegenden Mutter, deren Pflege ihr Leben bestimmt, einen Schluck in die Suppe rührt; und da wäre als wohl faszinierendste Figur der Priester Marcello, ein alter Bekannter des Ministerpräsidenten, der in einer Predigt "das Begehren des Fleisches" verdammt - dem er selbst nur scheinbar abgeschworen hat: Er lässt sich einen runterholen und versucht, seine Jugendliebe zu vergewaltigen. Tommaso Ragno wurde für seine eindringliche Darstellung beim weltgrößten Serienfestival in Lille im vergangenen Jahr als bester Schauspieler ausgezeichnet.

"Nicht Gott benötigt Wunder, sondern wir", sagt Priester Marcello, bevor er im Angesicht der Statuette in Ohnmacht fällt. Es ist die Hoffnung auf Erlösung, welche die Figuren der Serie - ob gläubig oder nicht - miteinander verbindet. Die weinende Madonna wird ihrer aller Leben unwiderruflich verändern.

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© SZ vom 10.01.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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