Polizeiruf 110 "Schuld":Wenn der Kommissar ins Dorf kommt

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Im "Polizeiruf 110" bekommt Hanns von Meuffels einen Hund und seine Kollegin Anna eine Biographie: Dafür muss sie zurück in ihr Heimatdorf, um die Wahrheit über einen Mord ans Licht zu bringen. Ob mit dieser Wahrheit wirklich jemandem geholfen ist, bleibt jedoch bis zum Schluss offen.

Katharina Riehl

Hanns von Meuffels hat jetzt einen Hund. Es ist der Hund von seinem Vater, und einmal ganz abgesehen davon, dass die im Fahrtwind des Cabrios flatternden Schlappohren ein wirklich zauberhaftes Bild abgeben, verrät diese Tatsache auch einiges darüber, wie in München die Reihe Polizeiruf heute funktioniert. "Schuld" ist der dritte Film mit Matthias Brandt und Anna Maria Sturm in den Rollen der Münchner Ermittler. Und so von Film zu Film, mit dem Hund namens Frau Klein und dem Vater, der sich gerade nicht um Frau Klein kümmern kann, beginnt sich allmählich aus vielen kleinen Hinweisen die Figur Hanns von Meuffels zusammenzusetzen.

Matthias Brandt als Kommissar Hanns von Meuffels (l.) und Daniel Christensen als Xaver Edlinger in dem "Polizeiruf 110". (Foto: dapd)

Matthias Brandt sagt, er glaubt, es sei ein großer Vorteil, dass seine Rolle des von Meuffels so langsam über viele Teile erst entwickelt wird: "Wenn man zu früh in solchen Reihen alle seine Ideen zu einer Figur verballert, dann ist man die nächsten 20 Jahre nur noch damit beschäftigt, die Bälle in der Luft zu halten." Hanns von Meuffels jedenfalls hat keine anstrengenden Mitbewohner, keine betreuungsbedürftigen Enkelkinder und keine Affäre mit einer Polizeipsychologin. Bislang zumindest.

Noch mehr als über Meuffels erfährt man in "Schuld" allerdings über Anna Burnhauser, die junge Polizistin, die der Kommissar in Dominik Grafs Film "Cassandras Warnung" auf dem Land kennenlernte und dann nach München holte. "Schuld" ist im Grunde ihre Geschichte.

Es beginnt alles mit einem Anruf von Kati (Barbara Bauer), die ihrer Schwester Anna von ihrer Verlobung erzählen will. Sie wird den Xaver (Daniel Christensen) heiraten, endlich. Doch Anna freut sich nicht. Anna holt eine alte Bierflasche aus der Asservatenkammer und lässt einen DNA-Abgleich machen.

Der eigentliche Kriminalfall ist schon nach wenigen Minuten gelöst: Die DNA auf der Flasche passt zu der von Xaver, er war es also, der vor vielen Jahren einen anderen jungen Mann aus Anna Burnhausers Heimatdorf erschlagen hat. Damals aber war die Kriminaltechnik noch nicht so weit wie heute, Xaver wurde freigesprochen. Das Dorf lernte über die Jahre mit der Ungewissheit zu leben - Xavers Verlobung mit der Bauerstochter Kati ist gewissermaßen der letzte Schritt einer gelungenen Resozialisierung. Bis Anna kommt und findet, dass ein Mörder nicht ihre Schwester heiraten darf.

Eine große Geschichte auf engem Raum erzählt

Inszeniert wurde "Schuld" von Hans Steinbichler, und deshalb sollte vielleicht darauf hingewiesen werden, dass der Film am Sonntagabend um 20.15 Uhr gezeigt wird. "Denn sie wissen nicht, was sie tun" - der erste Brandt- Polizeiruf, bei dem Steinbichler Regie führte - erzählte von einem Terroranschlag in einem Tunnel und wurde 2011 aus Jugendschutzgründen ins Spätprogramm verschoben. Besonders gut ließ die Sache den Sender damals nicht aussehen.

"Schuld" ist dem ersten Steinbichler-Film insofern ähnlich, als beide eine große Geschichte auf engem Raum erzählen. Der Kommissar kommt ins bayerische Dorf, ein wütender Mob jagt dort inzwischen den offenbar überführten Xaver durch die Straßen, und der weiß nicht mehr, wohin. Und dazwischen Meuffels samt Hund. Eine "Western-Konstellation" nennt Matthias Brandt das - "ein Marshall kommt aufs Land und wird als Eindringling wahrgenommen". Und er sagt, das bayerische Dorf sei eigentlich der einzige Ort, wo man noch einen Western drehen könne.

Das ist ein schönes Bild, schon allein, weil es Anna Burnhauser zu einem wunderbaren und sehr störrischen Hilfssheriff macht. Sie will um jeden Preis die Wahrheit ins Dorf bringen. Und bis zum Schluss bleibt offen, ob mit dieser Wahrheit eigentlich wirklich jemandem geholfen ist.

Polizeiruf 110 ARD, Sonntag, 20.15 Uhr.

© SZ vom 12.04.2012 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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