TV-Serien:Warum "Der Pass" die perfekte Krimi-Serie ist

Der Pass

Deutsch-österreichischer Outdoor-Horror mit Julia Jentsch und Nicholas Ofczarek: "Der Pass".

(Foto: ZDF und Sky Deutschland / Wiedem)
  • Die Krimi-Serie "Der Pass" ist inspiriert von der dänisch-schwedischen Serie "Die Brücke", aber in der Landschaft zwischen Traunstein und Salzburg entstand etwas ganz Eigenes.
  • Outdoor-Horror, knallharte Jagd und psychologische Grandezza treffen in diesem bitterbösen Märchen aufeinander.
  • Nach der Premiere bei Sky ist die Serie nun im ZDF zu sehen.

Von Claudia Tieschky

Dieser Text erschien erstmals im Januar 2019. Spoiler-Warnung: Im vorletzten Absatz dieses Textes wird der Name des Mörders genannt. Das schmälert den Genuss der Serie nach Ansicht der Redaktion allerdings nicht. Die Tätersuche ist nicht Kern der Geschichte.

Am Anfang liegt ein steifgefrorener Toter oben auf dem Pass, nackt über den Grenzstein gekauert, mit einem grausigen Schweif zusammengebundener langer Haare untergeschoben, und von den beiden Talseiten kommen jetzt zwei Ermittler auf den verschneiten Sattel hochgefahren wie aus zwei Welten von Licht und Dunkelheit. Da ist die Ellie Stocker, so patent, so nett, so sauber. Sie ist natürlich als erste da. An Gedeon Winter registriert man, während man seine Autofahrt zum Tatort verfolgen darf, fettige Haare, aggressiv lässigen Akzent, einen bestimmt auch nachts getragenen Anzug und darüber einen Mantel mit Pelzkragen, wie er so einem räudigen Fürst der Finsternis zusteht. Gut dass man den nicht auch riechen muss, denkt man und fragt sich langsam, was das eigentlich werden soll. Kottan ermittelt trifft Die Purpurnen Flüsse?

Nur ein paar eindrucksvolle Folgen später ist erwiesen, dass Der Pass eine extrem spannende und außergewöhnlich perfekte Krimi-Serie ist, bei der dosierte Mystery nur aparten Schauder erzeugt als Begleiteffekt für die klassische, knallharte Jagd nach einem Serienmörder. Diese Jagd macht aus Winter und Stocker im Lauf eines Jahres auf grausame Art andere Menschen. Die Polizistin Stocker (Julia Jentsch) versteinert in einer furchtbaren Schwärze. Und Winter (Nicholas Ofczarek) wankt über einem schwer kathartischen Weg immer nüchterner auf einen spitzenmäßigen Showdown zu.

Ein Mörder, der das letzte Gnadengewinsel seiner Opfer gern auf Band aufnimmt

Vorerst aber ermitteln sie als Paar wie Dracula und Rotkäppchen zusammen mit einer deutsch-österreichischen Sonderkommission in einer Art Outdoor-Horror. Denn es geht im Zusammenhang mit den zahlreicher werdenden schaurigen Morden im Grenzgebiet bald um eine ominöse rote Jahreszeit, die apokalyptisch anbricht, wenn die Gesellschaft sich in naher Zukunft zerstört. Dann überlebt nur, wer nicht nur Landlust liest, sondern einem Mann begegnet ist, der einen retten kann, und über den ein Aussteiger sagt: "Der hat in meine Seele geschaut." Und der Mörder, der das letzte Gnadengewinsel seiner Opfer gern auf Band aufnimmt und unter die Leute bringt, trägt beim Töten wilde Krampus-Masken. Er ist aber gar kein Halbwesen, sondern ein der Polizei haushoch überlegener Stratege, der sich scheinbar unsichtbar machen kann und immer näher an Winter und Stocker dran ist, als sie wissen. Und der schließlich einen Plan entwickelt, dessen Teil die beiden sind.

Julia Jentsch war 2017 als Mutter und Einzelkämpferin in Hans-Christian Schmids ARD-Serie Das Verschwinden zu sehen. Im Pass fällt auf, wie viel mehr sie hier spielen darf. Erst in der klassischen Krimi-Story vom ungleichen Ermittlerpaar, später als eine Frau, die fast kaputtgeht, kapituliert und sich zurückzieht. Und dann wiederkommt. Der fabelhafte Nicholas Ofczarek macht aus dem Gedeon Winter einen hervorragend exzessiven Mensch, der mit Vollgas, diversen Betäubungsmitteln und speziellen Beziehungen zum organisierten Verbrechen gut über die Runden kommt. Bis ihm dieser Fall begegnet. Und der Mörder, der Gregor Ansbach heißt. Ihn spielt Franz Hartwig mit einer unglaublichen Präsenz als böse schwarze Sonne im Zentrum. Sein Gregor Ansbach kann so zärtlich auf diese Welt schauen, in der er mordet. Hartwig ist hypnotisch gut in dieser irren Rolle.

Der Pass ist inspiriert von der dänisch-schwedischen Serie Die Brücke, aber in der Landschaft zwischen Traunstein und Salzburg wurde daraus etwas komplett Stimmiges, Eigenes. Die Regisseure und Drehbuchautoren Cyrill Boss und Philipp Stennert (Buch mit Mike Majzen) schneiden auch mal wilde Bräuche und die unheimliche Natur gegen die süßliche Heimatseligkeit eines kleinen Populisten, der schon zum Opfer erkoren ist. Und wenn das Mädchen Milica in Gregor Ansbachs Berghütte Zuflucht findet, aber irgendwann doch die Falltür im Boden öffnet, merkt man verblüfft, wie gut sich Blaubarts Märchendunkelheit auch im Serienfernsehen erzählen lässt. Es ist ein sehr böses Märchen.

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